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BeitragVerfasst: Sa, 11.11.2006, 15:42 
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Über dem Nebel ? ein Winternachmittag im Dammkar

Vorbemerkung:

Über 4 Jahre ist dieser Nachmittag mittlerweile her, daher bitte ich um Nachsicht, dass ich nicht mehr genau über die Details berichten kann. Auch fehlen leider Bilder von Abfahrt, Tunnel und Seilbahn, weil ich damals doch vorrangig die Landschaft fotografiert habe. Nachdem ich im Frühling aber die Dias habe einscannen lassen, will ich hier doch einige Eindrücke vom Dammkar zeigen. Als kleiner Appetitanreger für die neue Saison?

Das Dammkar:

Das Dammkar bei Mittenwald ist legendär. Häufig wird die 6,5 km lange Abfahrt als längste und anspruchsvolle ?Piste? Deutschlands bezeichnet. Beides stimmt zwar nicht so ganz, doch wenn man beides, Länge und Anspruch, betrachtet, gehört das Dammkar auf jeden Fall zu den herausragenden Abfahrten Deutschlands.

Früher wurde die Abfahrt, die einen Höhenunterschied von 1311 Höhenmetern überwindet, aufwändig präpariert. Die Kosten waren irgendwann jedoch nicht mehr tragbar, und die Karwendelbahn erkannte bald den neuen Trend zum Freeriden. Das Dammkar wurde zur ersten (?)offiziellen Freeridestrecke Deutschlands.

Bild
Panorama aus dem DSV-Atlas 2005

Den Start der Abfahrt erreicht man in 10 Minuten mit der 2498 Meter langen Karwendelbahn, sicherlich eine der eindrucksvollsten Seilbahnen in Deutschland. Von der Bergstation führt ein 400 Meter langer Stollen mit einem Aussichtsfenster in der Felswand zum ersten Hang. Nach diesem noch relativ sanften Starthang geht es steil hinunter ins eigentliche Kar. Zwischen den senkrechten Felswänden nimmt das Gefälle langsam wieder ab, ehe sich das Kar nach Norden hin öffnet. Ein kurzer Hang führt an der im Winter geschlossenen (?) Dammkarhütte vorbei, dann teilt sich die Abfahrt.

Links führt die frühere Piste relativ eng durch das Kanonenrohr hinunter zur Baumgrenze, rechts bietet der Latschenhang bei ausreichender Schneelage eine interessante Alternative (nicht vor Lawinengefahr gesichert!). Im Wald wird aus der Abfahrt ein langer, später relativ flotter Ziehweg, der mit einigen kleinen Hängen am Ende zurück zur Talstation führt.

Bild
Ausschnitt aus einer (schlechten) Wanderkarte. Ganz grob (!) eingzeichnet habe ich den Tunnel (rot), die Abfahrt (blau) und die Variante Latschenhang (blaue Punkte)

Das Dammkar war und ist ein klassisches Frühlingsziel, die letzten Meter im Tal muss man dann aber meist zu Fuß zurücklegen. Mittlerweile hat das Dammkar auch im Hochwinter Saison, die hochalpine Landschaft zeigt sich zu dieser Jahreszeit von ihrer eindrucksvollsten Seite.

Über dem Nebel

Irgendwann im Februar 2002. Schon seit längerer Zeit habe ich den ?Powder Alarm? der Karwendelbahn abonniert. Immer wenn das Kar nach stärkeren Neuschneefällen von der Lawinenwarnkommission wieder freigegeben wird, werde ich (wie viele andere) per mail informiert. Aus verschiedensten Gründen ist es aber bisher nie etwas mit dem Neuschneetag im Dammkar geworden. Doch dieses Mal scheinen die Bedingungen günstig. Am Montagabend lese ich, dass die Abfahrt am Dienstag wieder geöffnet wird, übers Wochenende sind 50 cm Neuschnee gefallen.

Im ersten Semester kann ich mir die Freiheit nehmen, auch unter der Woche mal in die Berge zu fahren. Ein Kumpel von mir, der noch zur Schule geht, will auch mit, kann aber erst nach Schulschluss. Egal, allein Freeriden brauch ich nicht und am Dienstag wird ja wohl am Nachmittag auch noch etwas unverspurter Powder übrig sein.

Eine gute Stunde dauert die Anfahrt über die Garmischer Autobahn bis Mittenwald. Die verschneite Landschaft liegt unter einer dicken grauen Nebeldecke. Als wir kurz vor zwei Uhr in Mittenwald ankommen, schimmert über uns der blaue Himmel durch. Sofort steigt unsere Stimmung in ungeahnte Höhen. Schnell sind die Nachmittagskarten gekauft, als nette Beigabe gibt es eine kleine Tafel Rittersport umsonst dazu. Nach dem Wiegen der Passagiere (kenne ich nur bei der Karwendelbahn), schweben wir mit der überraschend voll besetzten Gondel steil nach oben. Rüstige Rentner, Studenten, Einheimische; die Chance ein Fleckchen unverspurten Tiefschnee zu finden, ist vielleicht doch nicht so groß wie angenommen. Bald durchbrechen wir die Nebeldecke, über schroffe Felsflanken gleitet die Kabine der Bergstation entgegen.

Bild
Blick von der Bergstation nach Westen

Sofort hasten wir zum Stollen und absolvieren im Laufschritt die 400 Meter zum Start der Abfahrt. Doch was ist das? Von Tiefschnee keine Spur, der erste Hang sieht aus wie eine ganz normale ausgefahrene Piste. Dort wo es steiler wird, bauen sich mächtige Buckel vor uns auf. Kurzzeitig verfluche ich die Entscheidung, das Snowboard und nicht die Ski genommen zu haben. Im Tiefschnee komme ich mit meinem Board bei fast allen Verhältnissen gut klar, aber im richtig verbuckelten Gelände, na ja?

Bild
Verlauf der Piste im oberen Teil (blau = verdeckt, das sind die steilsten Hänge)

Im Kar weichen die Buckel zumindest am Rand der Abfahrt aber doch sehr stark verspurtem Tiefschnee. Mit etwas Spürsinn lassen sich für wenige Schwünge sogar noch einige nicht verspurte Quadratmeter Neuschnee finden. Wir geben Vollgas, wollen möglichst drei Fahrten an diesem Nachmittag schaffen. Der Ziehweg geht mit dem Snowboard besser als erwartet. Nach einigen etwas flachen Metern zu Beginn können wir es richtig laufen lassen.

Bild
Im mittleren Teil des Kars

Verschwitzt aber zufrieden erreichen wir wieder die Talstation. Die kurze Wartezeit auf die nächste Gondel kommt gerade recht, um schnell den größten Durst zu löschen. Bei der zweiten Abfahrt unterbieten wir die Zeit von der ersten Fahrt deutlich. Es klappt, eine dritte Fahrt geht sich noch aus.

Dieses Mal haben wir Zeit. An der Bergstation genießen wir den gigantischen Tiefblick auf das Nebelmeer, im Tunnel bestaunen wir die Aussicht aus dem Fenster in der Steilwand. Der Beginn der Abfahrt liegt noch in der Nachmittagssonne, doch schon nach den ersten Schwüngen geht es hinein in den bläulichen Schatten. Zwischen eisverkrusteten Felswänden schwingen wir talwärts, bis sich vor uns das Kar öffnet und den Blick auf die Soierngruppe freigibt, die aus dem Nebelmeer ragt. Statt dem Latschenhang, den wir bei der zweiten Abfahrt genossen haben, wählen wir dieses Mal wieder das Kanonenrohr. Kurz vor dem Wald finden wir unter den senkrechten Felswänden noch ein letztes Mal unverspurten Pulverschnee, dann geht es ganz gemächlich durch den Winterwald hinunter ins Tal.

Bild
Das Estergebirge ragt aus dem Nebelmeer, links der Wank.

Bild
Blick von der Bergstation nach Westen Richtung Garmisch

Bild
Start der Abfahrt

Bild
Die Abfahrt wendet sich nach Norden, Blick auf die Soierngruppe

Bild
Kurz vor dem Eintauchen in den Nebel, hinten das Estergebirge

Auf der Heimfahrt bricht schon bald die Nacht herein, aus dem monotonen Grau der Landschaft wird wieder Schwarz. Den heutigen Nachmittag aber kann uns keiner nehmen. Erfüllt von diesem unbeschreiblichen, wohligen Glücksgefühl rollen wir zurück in die Stadt, zurück in den Alltag. Den ultimativen Powder haben wir zwar nicht gefunden, unvergesslich ist dieser Nachmittag für mich aber bis heute geblieben. Für einige Stunden aus der Routine ausbrechen, mit guten Freunden draußen unterwegs sein, wunderbare Stimmungen erleben, das kann manchmal eben genauso großartig sein wie ein Traumtag bei idealen Bedingungen.


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BeitragVerfasst: Sa, 11.11.2006, 16:08 
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Wow, tolle Fotos. Danke für den Bericht. Solche Inversionslagen mit den über dem Nebelmeer aufragenden Bergen bringen immer eine ganz besonders schöne Stimmung.

Das Dammkar ist ja wirklich eine ganz berühmte Abfahrt und würd ich mir gerne mal ansehen. Leider führt diese Berühmtheit nur allzu schnell zu dieser von dir beschriebenen Situation (schnell verspurt, Buckelpistenbildung). Gerade da es im Umkreis ja doch genug grössere Orte gibt ist das offensichtlich sogar unter der Wochenende sehr schnell passiert ...

Aber die erste Gondel nach einem Neuschneefall erwischen, das wär wohl ein ultimatives Erlebnis dort :)


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BeitragVerfasst: Sa, 11.11.2006, 19:10 
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Schade daß man von der Abfahrt so wenig sieht, aber die Nebelmeerfotos entschädigen dafür :)

Würde ja auch ganz gern mal hin, aber da jedes Mal 400m durch den Tunnel zu gehen - darauf hab ich einfach keine Lust..


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BeitragVerfasst: So, 12.11.2006, 23:45 
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RetroRebel
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Total geiler Bericht!! Das Dammkar - ja da muss ich auch unbedingt mal hin, ich vergess die bloß immer, weil es irgendwie nicht in mein Unterbewusstsein will, dass es auch in DE coole PBs und Tiefschneegebiete geben kann! Die Bilder sind echt der Hammer und das solche Tage in Erinnerung bleiben, dass kann ich nur zu gut verstehen.

...@starli: 400m Tunnel sind für mich ein Grund mehr hinzufahren!!! :P :D


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BeitragVerfasst: Mo, 13.11.2006, 16:02 
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RetroRebel

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Tolle Sache, ich kenne das Dammkar auch nur vom Hörensagen und würde ebenfalls gerne mal dort bei Pulver runterfahren, ich fürchte nur, auch mit dem powder-alarm werd ich es von Wien wahrscheinlich nicht zur ersten Gondel schaffen. :wink:
Schöne Bilder, auch wenn man - wie starli ja schon angemerkt hat - von der Abfahrt nicht viel sieht, aber die Ausblicke auf das Nebelmeer sind schon toll.

_________________
Schweben im Powder - Die, die es erlebt haben, verstehen, den anderen kann man es nicht erklären!


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BeitragVerfasst: Di, 14.11.2006, 20:57 
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Freut mich, dass Euch der Bericht gefallen hat :D Der Fußmarsch durch den Stollen gehört für mich zum Dammkar einfach dazu, auf jeden Fall bequemer als der frühere Einstieg. Der muss ziemlich heftig gewesen sein. Wenn ich etwas Zeit hätte, würd ich mal ein paar Infos dazu suchen. Vielleicht in einigen Tagen...

Die Chance nach Neuschnee wirklich einen Platz in der ersten Gondel zu erwischen würde ich selbst für Münchner als ziemlich gering einschätzen. Mittenwald ist eben doch relativ groß und in der Gegend leben nicht gerade wenig Skibegeisterte.

Da es ziemlich schwierig ist das Dammkar bei idealen Bedingungen zu erleben, steht es momentan auf meiner to-do-Liste nicht besonders weit oben. Die vorderen Positionen nehmen derzeit andere bayerische Kleinskigebiete mit Möglichkeiten zum Abseitsfahren ein. Glaub also kaum, dass ich diesen Winter Fotos von der Abfahrt und Bahn liefern kann (auch wenn ich mittlerweile natürlich nicht mehr nur Landschaften fotografiere). Außer mich packt mal wieder die Lust auf diese tolle Atmosphäre und einmalige Landschaft - dann gibts (Digitalkamera sei Dank) natürlich entsprechende Bilder.

Ganz gute Eindrücke von der Abfahrt vermittelte bisher www.dammkar.de , momentan aber Baustelle. Großartige Skifotos vom Dammkar bei traumhaften Verhältnissen auf http://www.marcotoniolo.com (Skibilder - Dammkar)


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BeitragVerfasst: Di, 14.11.2006, 21:00 
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RetroRebel
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Wie, da gab es einen Direkteinstieg ohne Tunnel?


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BeitragVerfasst: Di, 14.11.2006, 21:57 
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Zitat aus dem DSV-Skiatlas von 1984:

Zitat:
Der Tunnel. Er macht den früher etwas umständlichen und mühsamen Anstieg zum Startplatz überflüssig und unterquert den vormals für viele unangenehmen Starthang


Mehr Infos hab ich derzeit leider auch nicht. Vom Gelände her war in jedem Fall erst ein Anstieg notwendig. Leider hab ich auch keine gute Karte von der Gegend.

Im ältesten Skiatlas, den ich besitze (1981), ist der Tunnel aber auch schon eingezeichnet.


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BeitragVerfasst: Di, 14.11.2006, 23:21 
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RetroRebel
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Sehr interessant, ob mal wohl heute auch noch den alten Weg nehmen könnte?? Wie geil wärs... :shock: :D


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BeitragVerfasst: Fr, 17.11.2006, 2:05 
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Gratulation: SUPER Bericht! Endlich mal was kultiges aus DE!

@Dammkar unverspurt: nach Saisonschluss Neuschnee in Mittel-/Hochlagen abwarten, Flachstück/Forstweg mit Mountainbike, Rest mit Tourenski hoch... Lawinenlage muss man natürlich im Auge behalten. Wer's bis oben schafft, hat gute Puste ;-)


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BeitragVerfasst: Do, 07.12.2006, 20:16 
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Hat jetzt leider etwas länger gedauert, hier aber ein Bild vom oberen Teil der Abfahrt aus dem ADAC-Skiatlas 1985. Auf der Aufnahme ist - wenn mich nicht alles täuscht - auch der Starthang vor Bau des Tunnels zu erkennen.

Bild
Bildquelle: ADAC-Skiatlas 1985
Im Skiatlas ist die Aufnahme seitenverkehrt abgedruckt.

Der Tunnel müsste ungefähr in Höhe des roten Pfeils rauskommen. Diese Angabe ist aber nur sehr grob, da es eben doch schon einige Jahre her ist, dass ich dort war. Ganz oben in der Scharte sind auch einige Skifahrer zu erkennen. Erreichbar ist diese Scharte von der Bergstation der Bahn durch einen kurzen Anstieg, müsste eigentlich auch heute noch möglich sein?

Ansonsten gibt die Aufnahme auch sehr gut den Charakter des Dammkars im oberen Teil wieder. Weitere Informationen zum Bau des Tunnels und dem früheren Starthang habe ich leider nicht gefunden.


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BeitragVerfasst: Do, 07.12.2006, 20:19 
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RetroRebel
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Vielen Dank für dieses tolle Bild! Ja, da möchte ich wirklich mal hin! Auch so verbuckelt find ich es sehr reizvoll! Wobei ich mittlerweile das Problem hab, das heute die Buckel meist enger sind seit alle kürzere Schi fahren.. :)


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