Wenn schon sonst niemand auf die IGA geht, erbarme ich mich halt. Meine Berliner Freunde konnten damit nicht viel anfangen. Dit is viel zu teuer für so ein bisschen Grünzeug und 'ne öde Seilbahn. Nüscht zu sehen da draußen, fast schon in Polen. Also zog ich nach der Arbeit los, auf den letzten Drücker. Die Wetter-App gab eine Regenwahrscheinlichkeit von 50 % an, die sich allerdings wie 100 % anfühlten. Wie sollte es auch anders sein.
Die IGA-Hotline war guter Dinge, die Bahn würde bis zum Einbruch der Dunkelheit laufen. Vor Ort wurde das dann erstaunlich genau ausgelegt, denn die Dunkelheit setzte kurz nach dem Verschwinden der Sonne hinter den Wolken ein. Also: 20 Uhr Feierabend. Um 19 Uhr schließen die Kassen schon, kommt ja eh niemand. Also stand ich in voller Business-überhaupt-nicht-casual-Kostümierung am Eingangsportal, in der einen Hand das Smartphone zum Buchen des Tickets, in der anderen der TAN-Block für die Sofortüberweisung. Die beiden Berliner am Zugangsbereich beobachten meinen Versuch, mobil ein Ticket zu erwerben, mehr amüsiert als interessiert.
Irgendwie bekam ich den QR-Code noch auf mein Gerät und war einer Fahrt wieder ein paar Meter näher gekommen. Der Wind blies noch in homöopathischen Dosen, trotzdem erwartete ich, dass das Rolltor vor dem Eingang jeden Moment runterrauschen würde. Es wurde doch so langsam dunkel. Doch statt dem Tor von außen sah ich eine Gondel von innen.
Die Seilbahn war tatsächlich ganz gut besucht, auch wenn man nie die wertvollen Gondeln teilen musste. Hermetisch abgeriegelt war alles, nur ein paar kleine Lüftungslöcher sorgten für etwas Frischluftzufuhr. Auf die erste Stütze folgt ein längeres Spannfeld, ehe man relativ bald den 102 m hohen Kienberg erreicht.
Hier macht die Bahn einen leichten Knick und es geht auf den zweiten Abschnitt zur Station „Gärten der Welt“.
Es rumpelt erstaunlich wenig, janz gemütlich geht es dahin. So langsam wird es dunkel und die Kamera des Smartphone bügelt die ganzen schönen Details weg.
Blick auf Marzahn und die Kosmonautenallee - ein krasser Kontrast zum schnieken Mitte
Es regnet noch nicht, aber los ist trotzdem kaum was. Auch an guten Tagen sieht es auf der Webcam manchmal erschreckend leer aus. Vorurteile hat man dem ganzen Spektakel gegenüber schon genug, dazu die Eintrittspreise (20 Euro für eine Tageskarte) und die Lage „weit draußen“ in Marzahn. Von oben sag es auch so aus, als böte die Anlage wenig Abwechslung.
An der Mittelstation erbarmt sich ein älteres Pärchen und nimmt neben mir Platz. Für die letzten Meter wird noch über den Park sinniert, dann ist das kleine Abenteuer auch schon wieder vorbei.
Am Ausgang treffe ich wieder auf einen der beiden Berliner. Na dit hat sich ja richtig jelohnt, ruft er mir hinterher. Nur eine Minute später fängt es an zu duschen.
Wenn alles klappt - in einem guten Monat dann (da hätte ich mich dann erbarmen können )... Eine Woche Berlin + Wochenende - Tatrafahren, DÜWAG - fahren, Schmalspurbahn - fahren - und ein Kongress tagsüber unter der Woche. Aber am Abend sollte noch was gehen.
MFG Dachstein
_________________ Girak, Wopfner, Voest, Swoboda - Hauptsache alt und kultig
Der Teufelsberg im Grunewald, eigentlich mehr ein Hügel, wurde nach dem zweiten Weltkrieg bis Anfang der 1970er Jahre mit Trümmerschutt „erbaut“. Von Anfang an ein beliebter Ort für Wintersport, ließ der Senat in den 1960er Jahren gezielt Infrastruktur errichten. Neben einer Sprungschanze schenkte man den Westberlinern einen Skilift. Wieso man sich gerade für ein kuppelbares Modell entschied, konnte ich noch nicht herausfinden. Der Lift erfreute sich großer Beliebtheit, sogar Kunstschnee ließ man für den Hang produzieren und Flutlichtbetrieb gab es. Auch wurden kostenlose Skikurse angeboten. Doch schon acht Jahre später legten die US-Amerikaner, die auf dem „Gipfel“ eine Abhörstation betrieben, ihr Veto ein. Der Skibetrieb musste eingestellt werden, der Lift wurde abgebaut. Die Abhörstation gibt es noch, ist aber mittlerweile ein Lost Place. Auch die Skipiste ist, zwar ein wenig zugewachsen, noch vorhanden. Es galt nur zu klären, ob sich noch Reste des Lifts finden würden...
Zur Einstimmung noch einige bewegte Bilder von damals:
Am Fuße des Berges gibt es relativ große Parkplätze, von dort aus geht man die alte Zufahrtsstraße in Richtung Skipiste.
Der Berg ist durchzogen mit Wegen und wohl auch früheren Straßen, wie ich auf dem Rückweg feststellen sollte.
Kurz vor dem Gipfel kommt die frühere Abfahrt in Sicht.
Blick auf den unteren Teil, im ersten Video ist eine ähnliche Perspektive bei 0:09 zu sehen. Der Skilift verlief auf der rechten Seite und kam etwa in der Bildmitte aus dem Wald. Die Piste hat eine durchaus ansprechende Neigung, was hier nicht gut zu sehen ist.
Leichter Zoom. Die Piste verläuft links weiter.
Nun etwas weiter unten auf der früheren Lifttrasse.
Blick nach oben zur ehem. Abhörstation. Hier unten war von einem Lifts nichts mehr zu sehen.
Man scheint hier tatsächlich den kompletten Höhenunterschied genutzt zu haben und führte die Piste bis in die Senke hinter dem Standpunkt der Aufnahme.
Blick auf die Senke links, dahinter ein Gegenanstieg. Von hier aus führen mehrere Pfade in den Wald, der von MTB-Trails durchzogen ist.
Hier wurde ich noch nicht fündig, auch ist von der Trasse nichts mehr zu sehen.
Etwas weiter unten dann ein erster Fund. Leider so stark mit Erde bedeckt, dass sich die genaue Funktion nicht klären ließ. Auch lag es nicht ganz in der Trassenlinie.
Blick zurück zur Piste, die Trasse sollte eigentlich ein Stück weiter links verlaufen sein.
Auf der anderen Seite gab es hier eine Aufschüttung und damit auch einen leichten Anstieg zur Senke mit der Piste im Hintergrund.
Die tiefste Stelle hinter dem Bereich von oben - hier hat eine genauere Suche nichts gebracht.
Zurück am Ende der Abfahrt. Von hier aus ging es links in den Wald zur Talstation.
Links die Stelle von vorhin mit dem undefinierbaren Gegenstand. Hier ist die Neigung der Piste besser zu erkennen.
Nun wieder zurück auf der Trasse, als diese aus dem Wald kam und entlang der Piste verlief. Zu erkennen bei 1:00 im Video.
Um 180° gedreht.
Weiter oben auf der Trasse. Fundamente bisher Fehlanzeige.
Nur etwas Kunst war zu sehen.
Dann, fast am Ausstieg und an passender Stelle...
Die Teile lagen lose in der Wiese.
Ob das einem Fundament oder eine Stütze zuzuordnen sein könnte?
Hier der Fundort in der Übersicht. Jetzt im Nachhinein betrachtet, könnte es der Ort der letzten Stütze gewesen sein (vgl. 1:06).
Ich war am Ende der Abfahrt angekommen, ab hier ging es erstmal nicht mehr weiter.
Noch mehr Kunst.
Die Bauwerke verfallen zusehends.
Tatsächlich wurde ich nochmal fündig. Ich hatte erst den Austieg vermutet, aber hier oben stand wohl die Bergstation mit der fliegenden Umlenkscheibe.
Und das könnte das passende Fundament dazu sein.
In der Übersicht, rechts unten das Fundament.
Durch das Weitwinkel wirkt es etwas verzerrt, aber es sollte eigentlich auf der Trasse liegen.
Man muss aber auch zugeben, dass hier oben schon viel passiert ist. Nur durch eine Freilegung könnte man die Frage wohl abschließend klären.
Nochmal die Stelle aus anderer Perspektive.
Auf dem Rückweg. Links die Stelle mit den losen Teilen, rechts oben das Fundament.
Auf dem Weg zurück, nun ist auch das Stop-Zeichen gut sichtbar. Hier war wohl mal eine Straße.
^ Danke für Deine Recherchen bezüglich des sagenumwobenen Schleppers am Teufelsberg!!! Schon sehr interessant. Was die Leitner EUB anbetrifft, ist sie gekommen um zu bleiben oder wird sie mal wieder abmontiert?
^ Danke für Deine Recherchen bezüglich des sagenumwobenen Schleppers am Teufelsberg!!! Schon sehr interessant. Was die Leitner EUB anbetrifft, ist sie gekommen um zu bleiben oder wird sie mal wieder abmontiert?
Ich bin vor einigen Tagen nochmal zum Teufelsberg gefahren, um die ehem. Field Station zu besuchen. Das Gelände ist grundsätzlich begehbar, der Eintritt kostet derzeit 8 Euro. Zudem werden Führungen angeboten, um auch an Orte zu gelangen, die sonst nicht zugänglich sind. Da die ehem. Betreiber sämtliche Technik entfernt haben, sind jedoch nur noch leere Räume vorzufinden.
Direkt nach dem Eingang, unterhalb des Kasinos. Die Ausstellung, sofern es sie gibt, war leider geschlossen.
Eine der wenigen Gerätschaften, die nicht enfernt wurden: die alte Aktenvernichtungsanlage.
Auf der anderen Seite der Wand.
Street Art und die sich auflösenden Hüllen der Radone bestimmen das Bild.
Blick auf die ehem. Skipiste in der Bildmitte.
Blick zum Olympiastadion.
Wohl einer der nicht abgeschlossenen Erweiterungsbauten.
Rechts: die ehem. Zugangstreppen vom Parkplatz.
Im Bereich der ehem. Bergstation des Skilifts habe ich nach Spuren gesucht. Hier war leider Schutt abgeladen worden, der das mögliche Fundament der fliegenden Umlekung überdeckt hat. Dennoch fand sich dieses Teil - möglicherweise von einem Skistecken?
Der einzig öffentliche zugängliche Innenraum mit den oben gezeigten Bildern der Anlage und des Gangs.
Kasino/Kantine, leider heute auch verschlossen.
Bonjour Tristesse.
Im letzten Teil aus Berlin folgen Bilder der ehem. Interbau-Seilbahn.
Schöne Eindrücke von der FS Berlin auch. Ich bin recht häufig da oben, will es zu meinem Standardprogramm für Berlin Besucher gehört. Das Gelände hat seinerzeit auch darüber gelitten, dass ein größerer Umbau geplant, außer diversen halb durchgeführten Abrissarbeiten aber nicht umgesetzt wurde. Das ist insoweit gut als der Rest erhalten geblieben ist, hat aber den Gebäuden und dem Ensemble schon geschadet. Es ist übrigens aber auch einer der besten Aussichtspunkte in Berlin, was vielleicht in der Natur der Sache liegt, wenn man line of sight Funkquellen aufklären möchte.
_________________ ... the echo of a distant time ...
Die (vermutlich) letzte Seilbahn bzw. Skilift in dieser Serie ist eine VR101 von Von Roll, die für die Interbau 1957 in Lizenz durch ABIG errichtet wurde. Die Bahn war vom 01.05.57 bis 14.09.58 in Betrieb. Wer sich zum Thema Interbau einlesen möchte, findet hier weitere Informationen: https://hansaviertel.berlin/interbau-19 ... terbau-57/
Die ca. 1,3 km lange Anlage verlief komplett im Tiergarten. Sie startete nördlich des Bahnhofs Zoo auf dem Gelände des ehem. Zoo-Bunkers, überquerte die Straße des 17. Juni, passierte danach die Kaiser-Friedrich-Gedächtniskirche und das Eternithaus (beide Gebäude wurden zur Interbau neu errichtet), ehe sie nach dem Überqueren der Altonaer Straße und dem Passieren des Teehauses im Schlosspark Bellevue endete. Für mich stellte sich natürlich die Frage: lassen sich im heutigen Tierpark noch Spuren der Anlage entdecken oder ist, fast 70 Jahre später, alles verschwunden.
British Pathé war zur Eröffnung vor Ort.
Zum Einstieg einige (bewegte) Bilder, die ich hier nicht direkt einbinden kann/darf:
Aber nun zur Frage, ob sich von der Anlage noch Überreste finden lassen. Ich war zwei Mal vor Ort und bin die Trasse bzw. den heute zugänglichen Teil abgelaufen... neben den oben verlinkten Medien, haben mir auch die Bilder weitergeholfen, die mir das Stadtmuseum Berlin dankenswerterweise für eine Veröffentlichung hier im Forum kostenlos zur Verfügung gestellt hat.
Das Bild zeigt den Plan der Interbau und die darauf fast vollständig verzeichnete Trasse der Seilbahn. Auch die Positionen der Stützen sollten korrekt wiedergegeben sein.
Meine erste Begehung startete am Bahnhof Zoo.
Nördlich des Bereichs startet ein Weg in den Tiergarten, rechts beginnt das Gelände des Zoos.
Direkt an den Eisenbahngleisen sollte die Station nicht gestanden haben, sondern eher etwas rechts davon.
Dort ist heute der Streichelzoo. Die exakte Position ist nicht bestimmbar, aber der Einstieg lag wohl näher am Zaun als im Zoo.
Hier mit einem guten Blick auf den Kirchturm. Die Position dieser Stütze ließ sich, auch ohne die Laternenmasten abzuzählen, recht gut eingrenzen.
Links nochmal ein Vergleichsbild, rechts nach langer Suche die möglichen Überreste eines Fundaments?
Ich kehrte einige Monate später nochmal an die Stelle zurück....
Auf dem Weg zur Querung der Trasse.
Hier sollte die Stütze auf der Südseite der Straße gestanden haben.
Blick auf die andere Straßenseite in der vermuteten Trasse.
Der Fotograf hat vermutlich mit einem Normalobjektiv gearbeitet, da die Siegessäule etwas größer ist.
Noch einmal die vermutete Position der Stütze.
Nun geht es weiter im Mittelteil, zwischen der Straße der 17. Juni und der Altonaer Straße mit der Gedächtniskirche und dem Eternithaus.
Im Winter suchte ich vergebens, hier war jedoch auch viel „Erde in Bewegung“.
Die große Wiese östlich der Kirche. Die Stütze müsste in der Nähe des Baums rechts gestanden haben.
Das WC am Eternithaus gibt es noch.
Aber auch dahinter - nichts mehr zu finden.
Die Bahn kam von links und verlief sehr knapp am Haus vorbei.
Was man aus dieser Perspektive nicht so gut sieht, sind die kleinen Terrassen oben auf dem Haus, die wohl zu jeder Wohneinheit gehören. Im EG befinden sich Büroräume.
Hier war die nächste Stütze gut zu bestimmen, da sie auch wieder direkt an der Straße lag. Das sollte links an diesem Durchgang bzw. kurz dahinter der Fall gewesen sein.
In der Sichtachse zum Teehaus.
Die Stelle im Frühling mit dem Eternithaus gegenüber.
Und das Teehaus aus der Nähe. In der Bildmitte ist klein die Sonnenuhr zu sehen. Möglicherweise hat man den Sockel der Uhr direkt auf dem alten Fundament errichtet?
Noch ein Bild aus dem Winter. Ich hatte damals die Stütze eher links hinter dem Baum vermutet.
Hier endete die Begehung, da der Schlosspark heute nicht mehr öffentlich zugänglich ist. Leider habe ich bisher auch keine Bilder der Station im Schlosspark gefunden.
Aber wenn man schon vor Ort ist, kann man sich natürlich auch noch das Hansaviertel anschauen.
Oscar-Niemeyer-Haus, das einzige Werk in Deutschland des genialen brasilianischen Architekten. Im Vordergrund ist der Aufzugsturm zu sehen.
Von der anderen Seite aus gesehen und im rechten Winkel zum vorherigen Gebäude, steht rechts das sog. Schwedenhaus. Davor die Hansabibliothek, die nach amerikanischem Vorbild errichtet wurde.
Innen bietet sich ein angenehmes Raumgefühl, dazu der Innenhof - ein Besuch ist unbedingt zu empfehlen. Man fühlt sich direkt wie in Kalifornien.
Noch ein Vertreter aus der Kategorie des „Neues Bauen“, wenn auch schon vor der Interbau entstanden: das Lemke Haus von Mies van der Rohe in Alt-Hohenschönhausen.
Zum Abschluss noch ein letztes Bauwerk aus der Zeit der Interbau: die letzte Verkehrskanzel in Berlin, 1955 errichtet. Von dort oben konnte die Ampel manuell entsprechend des Verkehrs gesteuert werden.
Auch wenn keine echten Relikte mehr gefunden wurden, war es doch eine spannende Zeitreise, die mir zwei interessante Begehungen beschert hat.
^ Geniale, akribische Detektivarbeit téléski ... Deine reichshauptstädtischen Untersuchungen haben mich wirklich fasziniert. Und Danke dafür, dass Du die Existenz dieser schönen VR101 an den Tag gelegt hast.
Zuletzt geändert von Kaliningrad am So, 28.01.2024, 21:01, insgesamt 1-mal geändert.
Zum Abschluss noch ein letztes Bauwerk aus der Zeit der Interbau: die letzte Verkehrskanzel in Berlin, 1955 errichtet. Von dort oben konnte die Ampel manuell entsprechend des Verkehrs gesteuert werden.
Wenngleich in einem ganz anderen Stil, hat mich diese "Verkehrskanzel" an die "Schwalbe" am Kaiser-Wilhelm-Platz in Königsberg erinnert:
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