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BeitragVerfasst: So, 08.04.2012, 3:19 
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RetroRebel
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Eine Dienstreise nach Lyon letzten Sommer bot mir die Gelegenheit, ein Wochenende in den Savoyen zu verbringen. Nachdem der mangels auffindbaren Skiverleih (!!!) letztenendes kein Sommerskilauf möglich war, betrieb ich ein archäologisches Alternativprogramm. Ein paar Beobachtungen (mit all den sich daraus ergebenden Rätseln) gedenke ich im Folgenden mit Euch zu teilen.

Ein Teilaspekt dieser kleine archäologischen Reise war ein Besuch in Val Thorens, das eine Fundgrube für Spuren aus der Vergangenheit darstellt und dass ich mir daher schon lange mal im Sommer ansehen wollte. Da die Nordhänge allesamt im Juni noch recht schneereich waren und auf den Südhängen mir alles an Fundamenten bekannt sein sollte, entschied ich mich zu einem Aufstieg zum Pécletgletscher – also den Westhang hinauf. Das Gelände ist voll von Spuren und Rätseln; u.a. bot es sich an nach Resten der alten PHB-Gondelbahn zu suchen, die von 1972 bis 1989/90 hier ihren Dienst versah. Dabei ließen sich auch verschiedene andere Beobachtungen machen, etwas zum Pistenbau und zu Regenation der Landschaft über die verschiedenen Epochen. Alles in allem höchst interessant, zumal ich glaube, ein paar höchst rätselhafte Spuren gefunden zu haben.

Gerade was den Pistenbau angeht, sind die Spuren alter Pisten oft nicht leicht zu finden. Anders als heute, waren die Pisten nicht brachial in die Berge gebaggert und gesprengt (also nicht alles und nicht durchgehend), so dass die Spuren von unsichtbar bis hin zu beinahe modernem Ausbaugrad reichen. Häufig sind es subtile Zeichen, die zählen. Ist der Untergrund anders als im Umfeld? Die Steingröße und –varianz, die Verteilung der Steine, die Grasnarbe. Gibt es ungewöhnlich geometrische Landschaftsformen? Man darf nicht vergessen, dass selbt im Hochgebrige nach 40 Jahren Spuren früherer Maschinentätigkeit ziemlich verblassen… Generell ist es interssanterweise so, dass man konstatieren kann, dass nach 40 Jahren Skibetrieb quasi kein Stein mehr liegt, wo er ursprünglich lag. Nicht unbedingt, weil überall mal eine Piste war (obwohl es viele alte Pistenfragmente gibt, die nicht mehr genutzt werden). Einfach, weil Schnei-, Steuer- und Abwasserleitungen verlegt wurden, Stromkabel und ähnliches. Manchmal werden tieferliegende Bereich gegen Steinschlag oder Lawinen geschützt, oder aus welchen Gründe auch immer Erkundungsfahrten gemacht und auch die können Spuren hinterlassen.

Beginnen wir also mit ein paar einfachen Beobachtungen.


Bild


Das Bild zeigt die Piste vom Péclet knapp oberhalb des Stationsbereichs (Ortsbereichs), etwa dort, wo früher der TK Roc verlief. Die Piste ist seit ihrer Erstellung 1971 immer wieder umgebaut worden, bis ins Jahr 2011 dauern die Bauarbeiten. Dieser Teil ist allerdings offensichtlich schon länger nicht mehr angetastet worden: die Grasnarbe ist recht dick, die Gräser differenziert (Blumen, Mose, etc.), es sind kaum kleine Stein sichtbar. Der Stein in der Mitte ist offensichtlich mechanisch bearbeitet. Im Randbereich ist vermutlich der Ursprungszustand zu sehen. Denn diese glatten Form sind in diesem Hangbereich typisch: das Gestein ist glazial geformt worden; nach dem Abschmelzen des Gletschers dann durch dessen Schmelzwasser. Die Steine in diesem Bereich sind also alle sehr glatt und rund. Die Kratzspuren darauf stammen vermutlich von Caterpillar-Arbeiten, um den oberen Teil dem Gelände anzupassen. In den 70ern hat man das mE viel gemacht (auch auf nicht asphaltierten Straßen), ich weiß allerdings nicht genau, mit welchem Werkzeug, Allerdings sehen die Spuren gar nicht so alt aus, möglicherweise liegen die Arbeiten erst 20 Jahre zurück.


Bild


Ein weiterer Bereich dieser Piste. Wieder sieht man, dass an der Piste generell lange nicht gearbeitet wurde. Es konnten Büsche wachsen (die brauchen eine gewisse Menge Erde, um zu wachsen, im losen Gestein halten die nicht und es gibt nicht genug Wasser im Boden), die Grasnarbe ist dick und es konnte sich ein kleines Bachbett bilden. Man sieht auch, dass die Piste nie absolut krass remodelliert wurde, denn weder ist sie ganz glatt, noch sind die letzten Steine entfertn oder geschreddert worden. Ich halte das für einen typischen Pistenbau Anfang der 80 – 90er Jahre.


Bild


Dies sei ein Beispiel für die Farbe des Grases, die Baumaßnahmen anzeigt. Hier sieht man deutlich, dass zwischen den Lawinengattern ein Bereich ist, in dem das Gras grüner ist. Schwieriger ist es, den Grund zu finden. Mir fallen zwei konträre Erklärungen ein. Entweder man ist für irgendwelche Baumaßnahmen zwischen den Gattern durchgefahren (weil das der einzige freie Weg ist) und hat am Ende dann Gras gesät, um die Fahrspuren zu renaturieren (dafür spricht die Abrutschung rechts am Rand) oder der ganze linke Hang verändert worden, zB beim Bau der Gatter oder Häuser, so dass er abgerutscht / modelliert ist und daher wenig gut bewachsen. Dafür sprechen Spuren am Rand des grünen Bereichs und die Gleichförmigkeit des gelben Bereichs.

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BeitragVerfasst: So, 08.04.2012, 11:10 
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RetroRebel
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Und weiter geht’s:

Um sich ein Bild zu machen, von den verschiedenen Stufen der Veränderung der natürlichen Umgebung, mal ein Bild vom Untergrund, wie ganz ohne Veränderung ist:

Bild

Man sieht erstens eine sehr dichte und tiefe und sehr vielseitige Vegetation: heideähnliche Sträucher und Kräuter, gewellte Geländeformen, etc. Außerdem fällt auf, dass die Steine stark bemoost und dunkel sind und offensichtlich lange nicht bewegt wurden, weil sie in der Vegetation eingerahmt sind, insbesondere sieht man keine kleinen Steine, weil diese im Erdreich versinken. Die großen Steine liegen weder völlig gleichmäßig verteilt (weil sie in der Natur nämlich an bestimmten Stellen eher liegen bleiben als an anderen), noch sind sie so geometrisch positioniert, wie es der Fall ist, wenn sie absichtlich zur Seite geräumt sind.

Typisch ist auch eine bestimmte über Jahrzehnte oder Jahrhunderte geformte Landschaft, die Zeuge bestimmter sich wiederholenden und einmaliger Prozesse ist. Deutlich sichtbar ist dies auf diesem Bild des Geländes von 1968, vor dem Bau der Station und des Skigebietes.


Bild


Man erkennt zunächst insgesamt eine weiche wellige Geländestruktur, die sich zum einen aus den wiederkehrenden Gesteinsflüssen durch Frostabbrüche der Felsen oberhalb entstehen (Geröllströme, die langsam überwachsen) und zum anderen typische Schmelzwasserströme geformt werden, die über Jahrhunderte Steine über dieselben Wege transportieren. Dazu kommen hier durch Gletscher geprägte Landschaftsformen. Auf dem Bild nicht so gut zu erkennen, vor Ort aber schon, sind die weichen sehr abgeschliffenen Felsen im Talgrund oberhalb, die durch Eisabrieb hervorgerufen werden. Links mittig sieht man die etwas artifiziell wirkenden Dämme, bei denen es sich im Randmoränen handeln dürfte. Möglicherweise ist der Gletscher zwei mal vorgestoßen (oder in zwei wesentlichen Perioden getaut?), was die Stufe in der Moräne hervorgerufen hat. Deutlich auch die Kumulation ähnlicher Steingrößen an bestimmten Stellen (zum einen in den Bachbetten, zum anderen dort, wo der Abbruch einer bestimmten Größe Schwerkraft- und Geländebedingt typisccherweise zum Stillstand kommt). Im Bereich der Flachstellen der Bäche gibt es sogar recht dichtes Erdreich, weil das hier angeschwemmt wird und sich daher sammelt (darum dort auch die dichteste Vegetation). Die kleinen gleichmäßigen Schottersteine, die man typischerweise auf Pisten sehr gleichmäßig verteilt findet, gibt es in der Natur normalerweise so gut wie gar nicht.


Mit diesem Vorwissen schauen wir uns also an, was wir vor Ort so entdecken:


Bild


Dies ist das niedrigste noch erhaltene Stützenfundament der ehem. Kabinenbahn zum Péclet (1972 – 1989 / 90 ).

Verschiedenes ist zu beobachten. Erstens: zeittypischer Beton. Relativ rauh (heute oft glatter) und recht kieshaltig; sehr deutliche und nicht zu glatte Verschalung (deutlich aus Holz, starke Überstände zwischen den Brettern). Recht ungleichmäßige Mischung. (Zu sehen sind auch Aussinterungen, die treten aber bei fast allen Generationen älteren Betons auf). Generell ist der Beton im Mittel immer glatter geworden. Auch dunkelt er über die Jahre nach (und war – mischungsbedingt – vielleicht früher auch generell grauen und dunkler?). Sehr bröckeliger und grauer Beton ist häufig aus den 40er und 50er Jahren. Ab Mitte der 60er Jahre sieht der Beton von Skiliften häufig so aus wie die Fundamente hier (und wurde auch großzügiger eingesetzt). Ab Mitte / Ende der 80er Jahre ist der Beton oft wesentlich glatter und heller (man halt wohl seltener mit Holz verschalt), moderner Beton des letzten Jahrzehnts ist häufig fast weiß und sehr sehr fein (kommt auch drauf an; ich spreche jetzt von Skilift-Fundamenten, wo man keine speziellen Sichtbetonmischungen verwendet). Je nach Gegebenheiten hat man immer schon unterschiedliche Betontypen verwendet; ganz grob aber kann man Beton für Skilifte in etwa einem Jahrzehnt zuordnen.


Was man weiterhin erkennt, ist dass die Erarbeiten sich ziemlich genau auf die Grundfläche der Stütze beschränken. Ist gibt keinen (auch nur rudimentären) Zufahrtsweg, und links der Stütze liegen große Steine, die dort sicher schon vor dem Stützenbau lagen. Rechts sind neuere Erdbewegungen zu sehen (frischere Erde), vermutlich vom Abriss der Stütze Anfang der 90er Jahre (der vgl. zur ebenen Fläche zeigt, dass die Erde viel loser ist als im Bereich der alten Erdarbeiten).

Es wäre auch interessant zu wissen, ob unter der ebenen Fläche ein großes Hauptfundament in der Erde ist, was ich annehmen will. Man kann die Unterschiede zum natürlichen Boden recht gut sehen: unterhalb der Stütze ist der Anteil an Kies und kleinen Steinen deutlich höher; das dürfte der Abraum der Erdarbeiten sein. Nur wenig rechts findet man schon wieder die eingangs aufgezeigte typische Gesteinsmischung mit entsprechender Vegetation.


Bild


Hier nochmal das unmittelbare Umfeld der Stütze: man sieht deutlich, dass bis direkt an der Rand des Fundaments keine Erdarbeiten stattgefunden haben und die Arbeiten sich auf ein Minimum beschränken. Das dürfte daran gelegen haben, dass die Arbeiten entweder händisch oder nur mit leichtem Gerät ausgeführt wurden. Heute würde man – je nach Gelände – mit dem Caterpillar die Trasse hochfahren und gleich auch Steuerleitung und ggf. Strom etc. unterirdisch verlegen. Währe interessant zu wissen, wie damals die Stützen montiert wurden. Ich vermute die Erdarbeiten händisch mit leichtem Gerät, die Stützenteile der Fachwerkstützen vermutlich mit Heli angeliefert aber dann händich montiert (ich glaube man hat noch nicht vom Heli montiert, sowie man das heute macht; weiß ich aber nicht genau).




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BeitragVerfasst: So, 08.04.2012, 11:24 
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Ich glaub, schön langsam wird es Zeit für einen eigenen Lehrstuhl in dieser Wissenschaft..... :wink:

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BeitragVerfasst: So, 08.04.2012, 14:33 
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Und weiter:

Bild

Unweit des Stützenfundamentes trifft man ein weiteres Relikt, das nicht ohne weiteres zuzuordnen. Ein steiler Graben aus dem Bereich der Pécletpiste hinauf in den Bereich der Cascades-Piste (vgl. Luftaufnahme).

Bild

Wofür diese Trasse dient, ist nicht ganz klar. Relativ sicher ist das keine Fahrspur, weil die Trasse dafür zu steil und uneben ist und auch diese Verbindung wenig Sinn zu ergeben scheint. Die Erdbewegungen sehen aus, als wären sie ca. 20 Jahre alt. Bilder aus den 70er bestätigen, dass seinerzeit die Trasse noch nicht existierte.

Möglicherweise wurde hier irgendeine Leitung verlegt – es wäre dann aber unklar, wofür und warum gerade da. Auch scheint mir der Verlauf der Trasse – jeweils etwas unmotiviert im Gelände endend – nicht gerade dafür zu sprechen. Eher könnte ich mir vorstellen, dass die Trasse der Ableitung von Schmelzwasser dienen könnte, auch dafür ist die Position aber ungewöhnlich. Drittens könnte es sein, dass damit die unterste Schneeschicht stabilisiert wird, was vielleicht zur Hangstabilität des in diesem Bereich reicht steilen Hanges beitragen könnte.


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BeitragVerfasst: Mo, 09.04.2012, 15:09 
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Dieser Graben existiert übrigens nicht auf den Bildern der 70er Jahre, das älteste Bild auf dem ich ihn sehen konnte stammt aus Ende der 80er Jahre.

Bevor wie weiter voranschreiten auf dieser Wanderung durch die Geschichte von Val Thorens, hier eine kurze Beobachtung, die ich gerade auf gEarth gemacht hab. Möglicherweise hatte man nach dem Neubau des TSD Rosael 1988 kurzzeitig die Absicht, eine Piste direkt von der Bergstation des Sessellift Fond II auszustecken. Zwar hat man einerseits die Bresche gesprengt (die Frage wäre, wann genau eigentlich) und auf keinem Pistenplan aus der Zeit ist eine solche Piste jemans eingezeichnet, aber möglicherweise handelt es sich um eine Idee, wie mit der Piste Pierre Lory, die man dann wegen des Aufwandes später verworfen hat. Jedenfalls sieht man an der ehemaligen Bergstation des Fond II relativ deutlich einen Einstieg in eine Piste Richtung Maurienne. Darunter, im losen Geröll, sind keine weiteren Spuren (das ist aber bei der Piste vom Caron in die Maurienne im Mittelteil auch nicht anders und wohl der Natur des Geländes geschuldet). Vielleicht ist das auch mehr der Einstieg in eine Route (gewesen), jedenfalls ist die Spur interessant.


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BeitragVerfasst: Mo, 09.04.2012, 16:05 
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BeitragVerfasst: Mo, 09.04.2012, 21:18 
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Oh, ich danke für das Interesse! :) Da schreib ich doch gleich mal weiter...

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BeitragVerfasst: Di, 10.04.2012, 0:49 
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Nachtrag zu den Erwägungen zu obiger Spur: Google Earth verrät, dass es sich bei der Spur in der Lawinenverbauung in der Tat um eine Befahrung mit Gerät handelt; oberhalb liegt das Wasserreservoir von Val Thorens, das bereits mit der Station Anfang der 70er Jahre dort eingerichtet wurde und das offensichtlich aus irgendeinem Grund über diesen Weg (und nicht über die Zufahrsstraße) angefahren wurde.

Bild

Gut erkennbar neben der anderen Farbe des Grases auch der zu hohe Schotteranteil in dieser Passage.

Bild

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BeitragVerfasst: Di, 10.04.2012, 2:06 
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Zur Luftaufklärung

Noch ein kurzer Exkurs, bevor es mit der Geländebeobachtung weiter geht.

Mittlerweile stehen mit gEarth mächtige Mittel zur Luftaufklärung der Spuren in Skigebieten zur Verfügung. Dies ist insbesondere interessant hinsichtlich aufgelassener Pisten und Pistenabschnitte sowie ehemaliger Zufahrtswege zu Infrastruktur (etwa Bau- und Wartungsstraßen für Liftstützen; gerade bei großen Anlagen).

Die Luftaufklärung ist recht tückisch, weil trotz hoher Auflösungen viele Details nicht erkennbar sind und Elemente wie tageszeitbedingte Schatten zu optischen Täuschungen führen. Daneben ist es auch so, dass im Gebirge die Ausrichtung / Form eine wichtige Rolle spielt, die aber auch im 3d-Modell nur eingeschränkt sichtbar wird.

Tatsächlich sind aber auch die Spuren sehr unterschiedlich ausgeprägt. Moderne Pistenbauarbeiten, insbesondere wenn erst kürzlich umgesetzt, sind problemlos aus großer Höhe zu erkennen. Hingegen sind ältere Spuren von Baumaßnahmen jeder Art, teilweise schwierig bis gar nicht erkennbar.

Vorweg ein paar Gründe, die dies bedingen.

1. Die Piste wurde nicht modelliert. Bis in das neue Jahrtausend gibt es (insbesondere schwarze Hochgebirgs-)Pisten, die keinerlei Baumaßnahmen (zumindest in bestimmten Abschnitten) aufweisen. Dies war früher noch wesentlich stärker ausgeprägt, weil die Schneehöhen generell viel höher waren und gleichzeitig Pisten ohnehin weniger oder gar nicht gewalzt wurden, so dass sie vielfach eher den Charakter von Skirouten aufwiesen. Auf vielen alten Postkarten von Val Thorens sind Pisten in den 70er Jahren selbst bei optimalen Lichtverhältnissen im Winter nicht zu erkennen, weil die typischen Präparierungsspuren fehlen. Die ist selbst dann der Fall, wenn für die Piste Baumaßnahmen getroffen wurden, diese aber unter 5m Schnee begraben sind (was im Hochwinter eher die Regel als die Ausnahme war und Postkartenbilder wurden selten bei Schneemangel aufgenommen). Bis heute verlaufen bei guten Schneeverhältnissen Pisten in Val Thorens neben der gebauten „Hardwarepiste“ in bestimmten Abschnitten, weil einfach „irgendwo“ präpariert wurde.

2. Die Pistenbauarbeiten waren sehr dezent. Es gab in den 70er Jahren zwar auch schon Pistenbaumaßnahmen, die nicht unähnlich modernen Maßnahmen waren, wenn auch die Pisten meist schmaler waren, und weniger Trassierung im Sinne von echter Aufschüttung (wie bei einer Autobahntrasse) und weniger Randbegradigungen vorgenommen wurden. Planiert wurden Pisten aber teilweise durchaus dennoch. Andere Pisten wurden hingegen NICHT so bearbeitet wie es heute üblich ist, wiesen aber dennoch subtilere Baumaßnahmen auf. Dazu gehören u.a.:

a) das Entschärfen von kurzen Passagen (zB Steilabbrüchen): hier können isolierte Baumaßnahmen zu sehen sein, die ohne Anschluss zu sein scheinen (zB Weg- / Trassenfragmente; typischerweise Pisteneinstiege; vgl. obiges Post zum Fond II);

b) Sprengungen von Felsen / Sprengen von Breschen: bei Felssprengungen sieht man oft nur Trümmerfelder, also Felder von erstaunlich gleichmäßig großen Steinen von gleichem Dunklungsgrad (heller als Umgebungsgestein), die mangels Exposition und Verteilung nicht von Felsabrüchen stammen können; bei Breschen sieht man unnatürliche Durchlässe, die nicht von Wasser geformt sein können; bei fehlender geometrischer Formung (in den 70ern oft der Fall) sind diese Hinweise sehr subtil und erfordern ein geübtes Auge, um die Abweichungen zu natürlich vorkommenden ähnlichen Erosionen zu erkennen; im Gelände selbst kann man die Sprengbohrungen nachweisen; in der Luftaufklärung sind derartige Baumaßnahmen (wenn nicht geometrisch) kaum mit Sicherheit zu erkennen

c) das Wegräumen von Steinen: es ergeben sich aufeinanderfolgende Bereiche, in denen unnatürlich wenige bis keine größeren Felsen liegen; teilweise kann man an den Rändern Kumulationen dieser Steine beobachten, die auch als Säume ausgeprägt sein können

d) das Verfüllen von unebenem Gelände mit Bruchsteinen: unnatürlich viel und gleichmäßiger Schotter in Bereichen, die keine Bachbetten sind; aus der Luft nicht zu erkennen; im Gelände höchst subtil;

e) sonstige unerwartete geometrische Formen, die durch Erdaushub entstehen: zB sehr gleichförmige Abhänge, durch Abraum / Trassierung – typische Beispiel sind die Geländeformen rund um Gebäude bei Hanglage, wenn der Keller ausgeschachtet wurde, diese Hänge werden danach nie wieder modifiziert und sind deswegen nach 40 Jahren nicht mehr ohne weiteres zu erkennen, man findet sie quasi in jeder französischen Skistation rund um die Hochhäuser; solche geometrischen Formen kommen allerdings auch natürlich vor; insbesondere bei glazial geprägten Gelände (Moränen etc.) und bei starker Erosion.

3. Die Baumaßnahmen liegen sehr lange zurück und es wurde nicht „nachgebaut“ (bei Pisten selten). Die Vegetation erholt sich und wird wieder dichter [oberhalb der Baumgrenze dauert das ca. 20 – 40 Jahre, bis die Baumaßnahmen schwer zu erkennen sind], Geometrien verschwinden durch Verwitterung und Erosion (Gelände wird durch Wasser wieder welliger, Bruchsteine verdecken gerade Kanten und Formen; gerade Kannten brechen ab und verwittern (insbesondere bei Breschen), Teile werden verschütten, etc.). In diesen Fällen können die Baumaßnahmen bis zur Unkenntlichkeit verwischen. Dies ist recht gut erkennbar bei alten Baustraßen, die nicht mehr gewartet werden; im Hochgebirge versinken diese recht bald im Schutt.

4. Die Baumaßnahmen wurden getarnt. In jüngerer Zeit werden nach Abriss von Liften, Stilllegung von Pisten und Zufahrstraßen häufiger bewusst Maßnahmen getroffen, um diese Bereich zu renaturieren. Die Maßnahmen sind allerdings in der Regel recht rudimentär und beschränken sich darauf, mehr oder weniger viele Steine in dieser Bereich zu fahren / legen. In der Regel bleiben die Baumaßnahmen daher ohne allzu viel Aufwand auffindbar.

5. Das Gelände hat sich verändert und verklärt die Logik der Baumaßnahme. Dies ist zB bei Erdrutschen der Fall, der häufigste und typischste Fall sind aber abschmelzende Gletscher, die aus sanften Hängen radikal steile Felsabbrüchen machen oder Höhenstufen von 30m und bewirken, wo einst sanft abfallendes Gelände war. Als Resultat finden sich Baumaßnahmen, wo man sie nicht erwartet bzw. enden im Nichts (weil früher von eisbedeckt). In Val Thorens enden bspw. Schlepplifttrassen im Nichts, weil dort früher das Eis begann und daher im Fels keine Trasse gebaut wurde, wenn der Lift nach Abschmelzen des Gletschers nicht mehr betrieben wurde. Ein anderes typisches Beispiel sind Bergstationsverankerungen, die auf den ersten Blick unerwartet 40m oberhalb an einer senkrechten Felswand mitten im Nichts aufzufinden sind (insbesondere bei fliegenden Umlenkscheiben, die man in Frankreich in den 70ern gern verwendet hat). Dazu gehören auch sinnlos unterbrochen Straßen die an Felsabbrüche führen, wenn dort der fehlende Bereich früher mit Eis bedeckt war.

Die vorgenannten Gründe führen also dazu, dass Spuren, die man eigentlich erwarten würde, nicht auffindbar oder nur schwer erkennbar sind. Mitunter führt das sogar im Gelände dazu, dass Spuren übersehen oder nicht gefunden werden (weil an der falschen Stelle gesucht wird, was im Gebirge schon bei wenigen Metern dazu führt, dass man Fundamente nicht mehr sieht); jedenfalls erschweren diese Faktoren aber die Analyse von Luftbildern erheblich.

Nach der Theorie nun ein paar praktische Fälle. Es ist leider relativ schwer, sehr alte Baumaßnahmen von Pisten mit Sicherheit zu identifizieren. Denn alle noch betriebenen Pisten sind häufig REmodelliert worden, so dass die zu sehenden Baußmaßnahmen jüngeren Datums sind und nicht die volle Verwitterung aufweisen; bei den wenigen wirklich früh aufgegebenen Pisten kommen häufig andere Veränderungen hinzu (insbesondere Gletscherschmelze und Geröllströme), die es unklar machen, ob es nie Baumaßnahmen gab oder ob diese schlicht nicht mehr erkennbar sind oder ob sie einfach nicht erkannt wurden.

Nun aber in die Praxis:

Nachstehen die schwarze Abfahrt vom Caron. Die Piste wird (glaube ich) nicht gewalzt und nicht beschneit, so dass zwei typische Modellationsgründe bereits wegfallen. Sie dürfte generell sehr schneereich sein und bei Schneemangel so oder so aus Sicherheitsgründen geschlossen bleiben. Konsequenterweise ist sie ein Beispiel für eine Piste, die über längere Passagen gar keine Baumaßnahmen aufweist und daher auch keine erkennbar sind.

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Man sieht, dass die Piste am Caron nur zu Beginn mit dem Ziehweg für den Einstieg (langer kurviger Bereich oben rechts) und sehr viel weiter unten (unterhalb des dritten Strichs) Baumaßnahmen (unten sind es Planierungen) aufweist, gerade der steile felsige Mittelbereich hingegen nicht.

In der Mitte zweigt zudem die Piste Névé nach links (Osten) ab. Diese ist mit der Pendelbahn 1982 erstellt worden (und könnte im linken Teil noch ältere Elemente der ehem. Pisten am TK Caron aufgreifen, die dann bis in das Jahr 1972 zurückgehen könnten). Die Piste hat guten Naturschnee und wenig infrastrukturelle Relevanz: sie weist ebenfalls ausgesprochen wenig Baumaßnahmen auf, man sieht einige ganz leichte (schon recht alte und daher verwitterte) Planierungen und ein gewissen Fehlen von großen Felsen. Die dort ebenfalls vorhandene (wohl aufgelassene) Bau- / Versorungsstraße ist hiervon unabhängig, die Piste verläuft (teils) auch daneben. Am linken Bildrand sieht man zudem einen Teil der Trasse des ehem. TK Caron (1972 – 1986), diese endet relativ exakt bei der Grenze des Gletschers, der hier 1972 noch existierte (verifiziert anhand eines Bildes von 1968 und den Gletscherständen in den Karten aus den 80ern). Der obere Teil der Trasse des TK Caron wie auch dessen Pisten sind (wohl schon) aus diesem Grund nicht erkennbar.

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Schwarze Abfahrt vom Caron: im Mittelteil nicht zu erkennen. Ganz oben gibt es eine verdächte Spur nach links; ich kann diese noch nicht zuordnen derzeit.

Nun etwas weiter links: der Bereich der Piste Névé und des ehem. TK Caron:

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Hier sieht man, dass die alte Piste Névé in ihrer Trasse kaum erkennbar ist. Die alte Versorgungsstraße hat für die Piste (wohl) keine Bedeutung. Nur vereinzelt sind sehr subtil unnatürliche Abflachungen und das Fehlen von Felsbrocken erkennbar. Die Baußnahmen wirken auch schon recht verwittert (Planierungen „rundgeschliffen) und stammen vermutlich aus den frühen 80er Jahren.

Aber auch die Piste von der Breche (TSD Rosael) kommend (linker Bildbereich), die von 1988 stammt und vermutlich seither nicht remodelliert wurde, ist passagenweise relativ subtil (insbesondere im Vergleich zu modernen Pisten).

Ebenfalls erneut gut erkennbar, dass die Spuren (TK Caron und ev. Pisten) im Bereich des früheren Gletschers weitestgehend enden. 1986 zum Zeitpunkt des Abrisses des TK Caron könnte der Gletscher schon leicht zurückgegangen sein; das könnte die Trassespuren eine Baustraße in diesem Bereich erklären (irgeneine Form von Baustraße; in den IGN Karten ist sie dort auch angedeutet); allerdings können das auch beim Rückzug des Gletschers entstandene Ablagerungen sein.

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Etwas weiter östlich: auch sieht man, dass die alte Pisten vom TSD Rosael kommend passagenweise sehr subtil bis unkenntlich im Gelände liegt.

Nachstehend der Bereich der ersten Piste im Bereich Montée du Fond. Die Piste stammt von 1971, damals war der oberste Teil allerdings noch vergletschert. Vermutlich in den 80er wurde der dann abgeschmolzene Bereich wohl durch leichte Baumaßnahmen fahrbar gemacht.

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Man sieht, dass die Piste insgesamt ziemlich subtil ist, die Baumaßnahmen werden wohl auch nicht mehr gewartet. Der obere Teil (oberhalb des Querweges) ist definitiv seit des Bau des Funitels Grand Fond (rechts außerhalb des Bildes) und dem damit verbundenen Abbau des TSF Fond II (Aufgabe dieses Hochpunktes) nicht mehr benötigt. Der Teil unterhalb des Ziehweges scheint auf dem Winterbild ausgesteckt oder wird einfach so regelmäßig befahren. Gerade der Felsabbruch oberhalb des Querweges ist nur relativ wenig bearbeitet, genauso wie die Pistenränder. Die Baumaßnahmen beschränken sich darauf, die größten Unebenheiten einzuebnen und große Störfaktoren zu beseitigen. Im Bereich unterhalb des Querweges ist die alte Piste durch dessen Abraum verschüttet.


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Bereich der Talstation und Trasse des ehem. TK Choumes (Les Menuires), der auf dem Bild senkrecht nach oben (ostwärts) verläuft. Die Anlage wurde ca. Mitte der 90er gebaut und bereits etwa zehn Jahre später wieder abgerissen. Während der aufgeschüttete Bereich der Talstation klar erkennbar ist, genauso wie ein Trassestück oberhalb, ist der Mittelteil der Trasse sowie auch die zur Talstation führenden Pisten über längere Strecken auf dem Luftbild nicht auszumachen.

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Die Piste am TSD Moutière (vormals TSF Moutière). Im oberen Bereich ist sie fast nicht zu erkennen, obwohl vereinzelt sehr subtile Baumaßnahmen sichtbar sind (insb. Verteilung von Felsbrock). Auch im unteren Teil, wo die Piste auf die remodellierte neuere Piste trifft ist das letzte Stück relativ dezent und nur hier und da Abweichungen zum Gelände erkennbar.

Abschließend noch ein Bild einer aufgegeben Piste im Bereich des TK Teppes in Les Menuires, die ebenfalls in dieser Form aus den 70er Jahre stammten sollte und danach wohl bis zu ihrer Aufgabe ca. 2005 nicht mehr verändert worden ist. Erneut sind die Zeichen sehr subtil. Während der bergseitige Saum noch recht deutlich ist und im oberen rechten Bereich eine minimale Veränderung der Grasnarbe erkennbar ist, sind weite Bereich der Piste in ihrer Vegetation heute wieder mit der Umgebung identisch. Auffällig ist nur, dass völlig Fehlen der ansonsten zufällig verteilten Felsbrocken in diesem Bereich sowie die fehlende Fortsetzung einiger Geländeunebenheiten im linken Bildbereich.

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F o r t s e t z u n g _ f o l g t . ( Dann wieder mit Spuren aus dem Gelände ).

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Blick zurück in Richtung Val Thorens. Im Vordergrund der vorhin beschriebene Graben, von dem ich annehme, dass er die untere Schneeschicht stabilisieren soll. Man sieht auch, dass das Gelände im Bereich des TSD Cascades (der Sessellift links) relativ unberührt ist, weil bei einem Stationsnahen Lift eher ungewöhnlich ist (sonst eher Caterpillarspur auf der Trasse).


Bild

Blick aufwärts. Zunächst fällt mal die wenig schön trassierte Piste auf, die parallel zur alten Piste Jean Beranger durch die Moräne geführt wird. Warum man an dieser Stelle drei parallele Pisten auf wenigen Metern (plus eine SL-Trasse plus dessen Rückspur (Dreieckslift)) baute, erschließt sich mir nicht.

Es fällt aber noch etwas anderes auf, dass mich sehr schnell sehr neugierig macht: links des Schneefeldes im Vordergrund ist der Hang ungewöhnlich ebenmäßig und mit kleinen Steinen durchsetzt!

Wenn man ein Stück weiter geht, werden die Spuren deutlicher, wie auf dem nachfolgenden Bild zu sehen ist.


Bild

Man erkennt ein gleichmäges Feld aus etwa gleichgroßen und gleichalten Gesteinstrümmern, die nicht von einem Felsabbruch stammen können (weil oberhalb keine entsprechenden Felsen sind). Man sieht auch deutlich den Unterschied zum rechten Bereich, wo dichte Vegetation mit auch minimalen Busch-ähnlichen Pflanzen vorherrscht. Dies ist mit hoher Wahrscheinlichkeit die Konsequenz der Sprengung einer (geometrisch kaum zu erahnender Bresche) links oben in der Mitte, wo der an sich durchlaufende Felsriegel eine Lücke aufweist. Oberhalb erkennt man einen Stein, der oben dunkel und unten hell ist: typisches Zeichen einer Sprengung, denn die untere Bereiche waren vormals im Gesteinsinneren und konnte noch nicht so sehr nachdunkeln wie diejenigen Bereiche des Steines, die schon seit hunderten Jahren an der Oberfläche der Witterung ausgesetzt sind. Ebenfalls erkennbar im Bereich der ovalen Markierung ist eine Kompression des Untergrundes, die durch Befahrung mit (vermutlich Raupen-)Fahrzeugen versucht worden sein dürfte.

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Der Blick in die Gegenrichtung: die Spuren sind subtil, aber man erkennt, dass ein geschotterter Bereich (mit Kompression der Spur) entlang der von mir eingezeichneten Linie verläuft, der sich von der Umgebung – die eine unberührte Vegetation aufweist – unterscheidet.

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Hier sehr gut zu erkennen: der hohe Anteil von Kies und Schotter im mittleren Bereich, das völlige Fehlen mittelgroßer Felsen (vgl. Umgebung) und die geringer ausgeprägte Vegetation, die eine andere (hellere) Farbe aufweist, als in der Umgebung.


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In diesem Bereich finden sich zwei Seile, die vermutlich aus der Zeit des Bau des ersten Kabinenbahn stammen (1972). Im Hintergrund sieht man auch deutlich den Vegetationsunterschied zwischen dem mit Baumaschinen befahrenen Bereich und der unberührten Natur. Der Zeigefinger soll als Anhaltspunkt für den Seildurchmesser dienen.



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Der Funitel de Péclet gehört zu den schönsten Liftanlagen in der Alpen, was insbesondere angesichts seiner recht gigantischen Ausmaße ein gelungenes Kunststück darstellt. Formschöne Symmetrien, relativ filigrane Träger und insbesondere seine konsequente weiße Lackierung lassen die Stütze sommers wie winters sehr ästhetisch erscheinen. ME ein guter Nachweis, dass lackierte Stützen (auch und gerade wenn sie nicht in RAL-Matschbraun lackiert sind) sich ästhetischer in die Landschaft einfügen als einfach verwitternder Stahl mit Feuerverzinkung. Selbst wenn das Weiß recht sichtbar ist (im Sommer) hat die Stütze einen reinen und klaren Ausdruck, der sie gut integriert.



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Hier bin ich auf etwas interessantes getroffen: offenbar hat man versucht den Hangs zu stabilisieren und zu renaturieren (dafür dienen doch die grünen Plastik-Lochfolien, oder?). Könnte aus der Bauzeit des Funitels 1989 – 1990 stammen, dem Aussehen des Plastik nach zu urteilen (könnte aber auch älter sein, das ist schwer zu sagen).



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Hier sieht man zum einen das Stahlseil im Gelände noch einmal, zum anderen sieht man, dass möglicherweise der Bereich zwischen den Felsbrocken ein wenig mit Kieseln verfüllt wurde, um den Bereich zugänglich zu machen. Zumindest erscheinen mir die ganzen Kiesel in diesem Gelände nicht unbedingt natürlich, wobei sie eventuell auch bei irgendeinem Regen mal angeschwemmt worden sein könnten.



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Hier wieder: komprimiertes Bruchsteinwerk, dass so in der Natur nicht vorkommt aber typisch für Pisten (und Straßenunterbauten) ist. Ich vermute, dass einfach größere Felsen geschreddert werden und das entstehende Material zum Verfüllen von Löchern zwischen größeren Felsen verwendet wird, um den Boden insgesamt ebenmäßig zu machen. Alternativ, und das scheint mir an dieser Stelle fast naheliegender, kann es sich auch um Abraum von nahegelegen Erdarbeiten handelt, der zum selben Zweck entsprechend verfüllt wird. Irgendeine Art Bauschaum liegt zudem auch in dieser Gegend.



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Mal wieder angrenzendes natürliches Gelände zum Vergleich; ihr wisst ja inzwischen, auf welche Unterschiede ihr achten müsst. :)



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Hier kann man die Unterschiede sehr schön sehen im Links-Rechts-Vergleich.



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Hier sieht man zunächst eine unnatürliche waagerechte Spur im Gelände, eine alte Baustraße. Wiederum ist mit Kies zwischen den Felsen aufgeschüttet. Die Spur diente mit hoher Wahrscheinlichkeit als Zufahrt zur Funitelstütze beim Bau Ende der 80er Jahre. Man sieht aber noch etwas bei Felsen rechts oberhalb… na, erkannt?



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Richtig, er wurde gesprengt. Hervorragend sichtbar die Unterschiede in der Verwitterung.



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Und wer ganz genau hinschaut sieht auch noch die alten Bohrungen, in die der Sprengstoff gefüllt wurde. Ob der Draht unten rechts zu Zündung diente? Oder hatte eine andere Bedeutung?

Spannend, was man da alles so entdecken kann – oder?


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BeitragVerfasst: Di, 10.04.2012, 13:26 
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Nachtrag: wenn ich so gerade drüber nachdenke, möchte ich meine Ausführungen zur den Verfärbungen in Sachen Sprengung noch mal etwas revidieren.

Teilweise ist nämlich die Oberfläche des Felsen in dem Bereich sehr glatt und geschliffen; wohl durch Gletschereis (und ggf. Schmelzwasser). Das sieht an diesen Stellen nicht nach der rauhen abgescherten Oberfläche einer Sprengung aus, so dass sich die Verfärbung in diesem Bereich wohl eher dadruch erklärt, dass der Fels bis zu dieser Höhe ursprünglich mit Erde bedeckt war. Das erklärt auch die weiche Linie der Verfärbung. Möglicherweise geht das auch auf eine Bautätigkeit zurück, die um einies jünger ist als die erste Sprengung, denn im Bereich der Sprengtrümmer sieht man auch aufgesprengte Bohrungen, die schon sehr sehr nachgedunkelt sind.

Möglicherweise überlagern sich hier also zwei Effekte.

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BeitragVerfasst: Di, 10.04.2012, 23:44 
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Also, setzen wir unsere Wanderung ein Stückchen fort.

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In unmittelbarer Nähe der heutigen Funitelstütze findet man wieder die Überreste eines Fundamentes der Vorgängerkabinenbahn mitsamt vermutlich einer Steuerleitung.

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Interessant ist hier auch, dass unterhalb des Fundamentens möglicherweise eine wesentlich größere Grundplatte verborgen sein könnte. Ansonsten sieht man Reste der Schalung, wenn ich mich nicht täusche.

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Blick aufwärts. Hier sieht es quasi so aus, als würde eine Piste nach oben links führen, rechts vorn sieht man sogar solche Säume.

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Blick zurück. Hier liegen ziemlich viele mittelgroße Felsen. Die haben mich verwirrt. Entweder hat man sie dort nachher hingeräumt, um den Bereich wieder zu renaturieren. Oder sie sind spatter hierher gefallen, das fände ich allerdings irgendwie einen etwas zu großen Zufall. Oder aber, sie sind Reste irgendwelche Sprengungen und Baumaßnahmen, dann ist es allerdings eher untypisch, dass man sie so hat liegen lassen. Ich hatte das Gefühl, dass der Boden unter diesen Felsen relative ebenmäßig ist; die Felsen also erst später hier her gekommen sind – wie auch immer.

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Als ich diese Markierungsstange finde, freue ich mich schon. Die Tatsache allerdings, dass dort eine Webadresse angegeben ist, deutet an, dass die Stange hier eher versehentlich hingelangt ist. Denn sollte dies hier jemals eine Piste gewesen sein, dann sicherlich nicht in der Zeit des Word Wide Web.


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Im Bachbett liegen Steuerleitungen, vermutlich die des Funitel. Das ist deswegen interessant, weil diese ja auch teils unterirdisch verlaufen und keinerlei Spuren von Baumaßnahmen hierfür zu sehen sind. Ich habe später am TSD Cascades gesucht: dort konnte man die Spuren der Verlegung des Steuerleitung noch sehen, aber sie waren sehr sehr subtil. TSD Cascades müsste so etwa 1996 gebaut worden sein.

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Jeweils Blick nach oben, wo sich insbesondere rechts durch den bruchartigen Übergang zum Naturgelände andeutet, dass im mittleren Bereich mal planiert / gearbeitet wurde. Das mittlere Bild zeigt den Blick zurück in die mit Felsbrocken verfüllte Bresche, wo das Fundament war.

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Auch hier sieht es wieder sehr nach 70er-Jahre-Pistentrasse aus...

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Heraus kommt man am TSD Cascades. Jenseits der Straße zum Péclet kann man Spuren erahnen, die eine ev. Fortführung der Trasse bis zur Bergstation andeutet. Es sieht jedenfalls wieder so, als wären aus dem mittleren Bereich Felsen zur Seite geräumt worden.

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Blick auf die weiterer Péclet-Straße; hier sieht man ebenfalls gut, wie die Felsen einfach in das Bachbett links geräumt wurden, um Platz für die Straße zu schaffen.



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BeitragVerfasst: Mi, 11.04.2012, 0:55 
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Was also hat es mit dieser Trasse auf sich?

Ich muss zugeben, dass ich mir damit einigermaßen unschlüssig bin. Im oberen Bereich, etwa ab der Funitelstütze, sieht das durch aus nach eine 60er/70er-Jahre-Piste aus, an der seither nichts mehr gemacht wurde. Darunter könnte das auch passen, einige Bereich sind allerdings schon etwas felsig. Das ist zwar zB bei der ehemaligen Piste am Fond II auch so, da oben liegt allerdings vermutlich auch schon früh im Jahr mehr Schnee. Aber insgesamt würde man die Theorie “Piste” wohl vertreten können.

Man müsste sich allerdings schon nach deren Sinn fragen. Zunächst war ich mir relative lange ziemlich sicher, die aller früheste Variante der “Jean Beranger” entdeckt zu haben – denn in ihrem heutigen Verlauf läuft die Piste unterhalb im Bereich des Wasserfalls, der schwerer als Piste zu nutzen ist und einige Remodellationen erforderte.

Dieses Bild aus der Sammlung von k2k hat mich dann eines besseren belehrt, es ist eines der wenigen Sommerbilder jener Zeit. Das Bild datiert auf den Sommer 1976.

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Das linke Bild dieser Ansichtskarte zeigt den fraglichen Bereich. Man sieht die frisch gebaute Piste Jean Berranger und rechts auf demselben Bild die gerade im Bau befindliche, aber noch nicht fertiggestellte Piste des TSF Cascades (Raupenspuren am Hang) – was auch der Grund ist, warum ist das Bild auf den Sommer 1976 datiere. Von irgendwelchen Baumaßnahmen im fraglichen Bereich keine Spur!

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Auf diesem Bild wiederum meinte man eine Piste / Spur zu erahnen (mittleres Bild mit den beiden Felsen im Vordergrund) – dies Bild ist allerdings älter als das obere Sommerbild (datiert wohl ca. auf 1974).

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Dieses Bild wiederum zeigt wohl genau jene Stütze, deren Fundament mit Steuerleitung ich photographiert habe. Das Bild stammt aus der zweiten Hälfte der 80er Jahre. Hier wiederum ist relativ klar, dass der Bereich gern als Route frequentiert wurde, hingegen zu dieser Zeit jedenfalls nicht als Piste aussteckt war.

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Das Bild muss zwischen dem Winter 1972 / 73 und dem Winter 1976 / 77 aufgenommen worden sein, wobei die Gebäudestruktur eher 1972 / 73 bzw. den darauffolgenden Winter nahelegt. Hier GIBT ES ganz klar eine Spur / Präparation genau im fraglichen Bereich! In der „Bibel“ ist auf einem Bild von 1972/73 (S. 27) dort auch eine Spur zu sehen, allerdings kann der Bereich oberhalb der Stütze nicht mehr aufgeklärt werden.

Ich kann mir keinen genauen Reim daraus machen. Folgende Varianten fallen mir ein:

I. Es handelt sich um die erste Version der Jean Beranger; die Baumaßnahmen waren so subtil, dass sie auf der Sommeraufnahme von 1976 nicht ohne weiteres zu erkennen sind. Die bereits existierende Straße zum Péclet ist im Sektor Cascades zB auch so gut wie nicht zu erkennen.

II. Es handelt sich um eine Piste des Sesselliftes Cascades, die erst später gebaut wurde (1976 im Sommer, aber nach dem Aufnahmedatum, an dem Jahr die anderen Pisten auch noch nicht fertig gestellt sind; oder einfach eine oder mehere Saisons später). Sie wurde dann in 80ern wieder aufgegeben (möglich und durchaus vorgekommen). Möglicherweise auch in Kombination mit I.

III. Es handelt sich um Bau- und Betriebswege für die Stütze der PHB-bzw. später die Funitelstütze. Dass diese Stützen durch befahrbar Trassen erschlossen wurden und werden halte ich sogar für wahrscheinlich. Die letzte Theorie erscheint mir insgesamt am wahrscheinlichsten, wobei auch eine Kombination aus I und III sehr naheliegend wäre. Dann wäre ev. auch einige der größeren Baumaßnahmen, die man auf dem Sommerbild von 1976 nicht sieht, erst zum Bau des Funitels und zum Abriss der Gondelbahn geätigt worden.

Hier noch ein paar Luftaufnahmen zum Selbststudium:

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Nota bene die Raupenspur, die genau diesem Trassenverlauf auf den Luftaufnahmen von 2006 folgt. Irgendwann Anfang des neuen Jahrtausends sind dort offensichtlich Fahrzeuge gefahren.


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BeitragVerfasst: Mi, 11.04.2012, 23:11 
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(Mangels Ortskenntnis kann ich der Sache nur schwer folgen, aber die Platzierung des Logos fasziniert mich teilweise mehr als deine archäologischen Ausführungen, die für mich teilweise nur schwer nachzuvollziehen sind, da ich oft "nur irgendwelche zufällig am Boden liegende Steine" sehe. Dennoch werde ich deinem Vortrag natürlich weiterhin folgen.)

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Da ich hier wie im Alpinforum von den Anhängern der Corona-Sekte verfolgt werde, werde ich hier nichts mehr schreiben oder lesen.
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Überblick Ski-Saison 1.10.2020-30.9.2021 (102 Tage, 52 Gebiete) & Meinung zu Corona


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BeitragVerfasst: Mi, 11.04.2012, 23:35 
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Also wenn zu den zufällig plazierten Steinen Fragen sind, werde ich auch gern versuchen, die zu beantworten :)

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