Indiana Jones und die ewige Finsternis - Teil 2
Bedroht von der Lawine scheint die Situation ausweglos, doch plötzlich findet Indy einen versteckten Eingang und die 3 Freunde geraten in ein weitverzweigtes Bunkersystem aus dem ersten Weltkrieg. Offenbar ist seit Kriegsende niemand mehr in diese Gänge gekommen, denn sie sehen einige – noch mit Resten der k. u. k. Uniformen bekleidete Skelette. In einer Uniformtasche findet Indy eine Karte mit Hinweisen auf das genaue Versteck des Pinguin-Grals, jedoch scheint die Reliquie tief unter dem Gletscher begraben.Nach längerem Irrweg finden die drei wieder ans Tageslicht und machen sich mit der Karte auf die Suche. Tatsächlich scheinen sie Glück zu haben, denn eine Lawine hat ein tiefes Loch in die Flanke des Gletschers gerissen und so wagt sich Indy in rascher Fahrt auf schmalen und unsicheren Schneebrücken immer näher an das vermutliche Versteck. Plötzlich erblickt er die heilige Schneekugel, bückt sich danach, doch in diesem Moment bricht die Schneebrücke zusammen und er hat Mühe, aus den stürzenden Schneemassen wieder heil heraus zu kommen. Er möchte noch einen Versuch starten, doch es ist zu spät. Berlusconis Alpingendarmen haben sich unbemerkt herangepirscht und unsere drei Freunde werden gefangen genommen und in den Kerker geworfen, einer der Gendarmen macht sich auf eigene Faust auf die Suche nach dem Gral, doch auch er hat kein Glück und kommt mit grimmigem Gesicht zurück ins Hauptquartier von Berlusconis Alpin-Armee.
Die Situation für unsere Helden wird immer ungemütlicher, werden sie auf ewig in Berlusconis Alpenfestung eingesperrt bleiben? Indy versucht, einen Prominentenbonus auszuhandeln und weist die Wärter auf die zahlreichen Filme hin, die er schon gemacht hat und die sie ja wohl sicher auch im Kino gesehen hätten. Nach einigem Nachdenken identifizieren ihn die Gefängniswärter als Bud Spencer, lassen sich Autogramme geben und die drei Hauptdarsteller laufen.
Etwas überzogener Abenteuerfilm in leuchtenden Farben, die Handlung allerdings sehr unwahrscheinlich.
Mehr als eine Stunde ist vergangen, seit wir an der Bergflanke am Val Presena gestrandet sind und die zu Beginn des Tages noch begeisternden Schneemassen machen uns nun zunehmend nachdenklich. Wie gut war nun die Entscheidung, mit den „Massen“ (auch wenn es absolut für das Gesamtschigebiet betrachtet nur eine kleine Gruppe ist, so sind es wahrscheinlich doch ein erheblicher Teil aller Freerider des heutigen Tages) mitzufahren, ohne vorher sichere Erkenntnisse über den Zustand des Tunnels zu haben. Zweifellos hat sich hier wieder das Phänomen gezeigt, dass man sich in einer größeren Gruppe einfach sicherer fühlt. Was wäre aber gewesen, wenn heute keine anderen Freerider hier gewesen wären und wir – aufgrund der beim Start der Abfahrt zweifellos noch sicheren Verhältnisse – beschlossen hätten, die Variante alleine zu versuchen. Jedenfalls hätten wir am Tunneleingang (bzw. in dessen Nähe, da wir die genaue Lokalisation natürlich nicht kennen) einen eher dummen Eindruck gemacht, denn ohne Ortskenntnisse einfach irgendwo ein Loch in den Schnee zu graben hätte wohl nicht viel Aussicht auf Erfolg gehabt. Und Schnee ist ja genug da, ich erinnere mich an die Überquerung eines Bachlaufs vorhin in der Ebene auf einer Schneebrücke, der Bach war zu sehen, mehr als 3 Meter unter dem Schneeniveau und das Ganze erinnerte frappant an eine Glescherspalte.
Gut jedenfalls, dass unsere Schaufler offenbar genau wissen, was sie tun bzw. noch wichtiger, wo sie es tun.
Plötzlich kommt wieder Bewegung in die mittlerweile in mehreren kleinen Grüppchen Wartender. Der Eingang wäre jetzt frei, heißt es, darüber ist wohl jeder etwas erleichtert, endlich weg von diesem ungemütlichen Hang, aber dann die Ernüchterung: zwar ist der diesseitige Eingang des Tunnels endlich freigeschaufelt, doch liegt wohl am anderen Ende sicher genausoviel Schnee über dem Eingang und es macht wenig Sinn, wenn sich nun alle in die Dunkelheit begeben, denn auch drüben wird nicht besonders viel Platz zum Schaufeln sein.
Weitere lange Minuten dauert es, doch diesmal kommt die ersehnte Nachricht viel schneller, der „Durchstich“ ist gelungen und wir können endlich weiter.
Einer nach dem anderen treten wir näher an den ersehnten Tunneleingang, erst ganz knapp davor kann man den Einstieg erkennen. Ich habe mir ja nicht wirklich viel Gedanken darüber gemacht, wie dieser Tunneleingang aussehen wird, aber das, was sich plötzlich vor meinen Füßen befindet, habe ich irgendwie nicht erwartet (auch wenn es angesichts der Schneemengen ja nicht ganz unlogisch ist):
Um in den Stollen zu gelangen, muss man zunächst ein fuchsbau-artiges Schneeloch von vielleicht 70 cm Durchmesser ungefähr 3 bis 4 Meter nahezu senkrecht nach unten rutschen, um sich endlich am Felsboden des Tunnels im nahezu Stockdunklen wiederzufinden, denn das einfallende Licht wird sofort vom Körper des nächsten Nachrutschenden verdeckt. (Die folgenden Bilder sind – entgegen meinen üblichen Gepflogenheiten – mit Blitzlicht aufgenommen).
Nun gut, irgendwie müssen wir jetzt da durch. Zwar hat Helmut eine Stirnlampe mit und befestigt sie am Helm, aber das Lämpchen wirft nur wenig Licht gerade vor seine Füße, ich lasse Sabine den Vortritt und taste mich unsicher über den unebenen Felsboden im Dunkeln weiter. Rumms, irgendwo hinter mir landet einer der Tunnelwanderer am Allerwertesten, denn an manchen Stellen ist der Boden von einer glatten Eisschicht bedeckt.
Unterwegs im Tunnel.
Endlich, ich kann gar nicht abschätzen, wie viele Meter es waren, zeigt sich vor uns wieder fahles Licht und wir stellen uns wieder an, um auf einem durch die von innen durchgeführten Grabungen entstandenen steilen Schneekegel wieder ans Tageslicht zu krabbeln.
Es ist gar nicht so leicht, mit Schiern, Stöcken und Rucksack in der engen Röhre hinaufzukriechen.
Sabine, die ohnehin klaustrophobisch veranlagt ist und normalerweise nur in Vollnarkose bereit wäre, in eine solche Höhle zu kriechen, nimmt sich vor, oben einmal ordentlich durchzuschnaufen, doch auch dafür ist keine Zeit, denn wir finden uns auf einem ebenfalls steilen Hang, diesmal aber dankenswerter Weise im Schatten, es ist gerade genug Platz, um schnell die Schi anzuschnallen, denn von hinten drängen ja schon die nächsten unfreiwilligen Höhlenforscher ans Licht. Erst nach einer kurzen Schrägfahrt verbreitert sich die Trasse und es besteht die Möglichkeit endlich entspannt anzuhalten und den Tunnelausgang aus dieser Perspektive zu bewundern.
Wir stellen uns vor, jemand wäre zufällig an dieser Stelle gestanden und hätte weder von dem Tunnel noch von unserer Situation etwas gewusst, dieser jemand wäre wohl sehr verwundert gewesen, wenn in einem jungfräulichen Schneehang plötzlich ein Loch entsteht und 40 Top-ausgerüstete Freerider herauskriechen.
Nun geht es weiter durch lockeren Wald.
Schließlich erreichen wir das Ende einer kurzen Stichstraße östlich der Passhöhe, hier ergibt sich auch die Gelegenheit die für diesen Ort so typische und mehrfach diskutierte Architektur zu dokumentieren.
Keinesfalls schlechter als die Lederhosenarchitektur in vielen österreichischen Schiorten.
Irgendwo da oben in diesem Hang ist der Tunnelausgang.
Nach und nach treffen alle Beteiligten ein, offenbar haben manche von ihnen bereits am Morgen ihre Autos in der Nähe abgestellt, kurz versuche ich, eine Mitfahrgelegenheit zurück zur Paradisobahn zu bekommen, doch alle Autos sind mit Schifahrern und Ausrüstung vollgestopft, deshalb marschiere ich (wieder einmal) los und versuche an der Passstraße mein Glück beim Autostopp. Doch diesmal dauert es ziemlich lange, fast 20 Minuten stiefle ich in Richtung Passhöhe, bis mich jemand ein Stück mitnimmt, allerdings auch nur bis ins „Ortszentrum“, von dort geht es dann wieder per pedes weiter zur Paradiso – Seilbahn, die hier in voller Pracht vor mir liegt.
Schließlich erreiche ich das Auto und hole Sabine und Helmut ab, wir hoffen noch auf ein wenig Tiefschnee oben am Gletscher, daher geht es wieder hinauf, nun hat sich auch die Sonne endgültig gegen die Wolken durchgesetzt. Mit der DSB Paradiso-Presena geht es weiter.
Wieder ein Blick zur Bergstation der Alveo Presena Bahn.
Die Unternehmung des Vormittags hat uns hungrig und durstig gemacht, daher werden wir der Hütte einen Besuch abstatten.
Trotz des schönen Wetters gibt es keine Tische auf der Terrasse.
Daher setzen wir uns in die Stube und entdecken dabei immerhin ein paar historische Aufnahmen an den Wänden.
Hier im Vergleich der Gletscherhang im heutigen Zustand. Der geneigte Leser möge bitte das abgegangene Schneebrett oberhalb der ersten Doppelstütze des Schleppers in Erinnerung behalten, es wird in der Folge noch eine wichtige Rolle spielen.
In der Folge einige Eindrücke dieses Nachmittags.
Rechts oberhalb der Bergstation (beim Blick nach oben) ist ein Seil gespannt und einige Leute turnen darauf herum.
Rechts der Schlepplifttrasse (von oben gesehen) findet sich am äußeren Rand noch unverspurter Pulver, eigentlich sollte hier laut Pistenplan ja die schwarz markierte Piste „Presena sinistra“ lokalisiert sein.
Oben zwar eher flach, aber trotzdem genußreich, wie Sabine hier zelebriert.
Noch ein paar Eindrücke der heutigen Bilderbuchkulisse
Hier noch einmal das Übersichtsbild, um das Kommende gut einordnen zu können.
Der unterste Abschnitt des Hanges ist deutlich steiler und schmäler, ganz am rechten Rand (von oben gesehen) tasten wir uns bei jeder Abfahrt näher an die Felsen und das abgegangene Schneebrett heran.
Mittlerweile ist es halb vier geworden und wir langsam müde, Sabine bleibt unten in der Sonne bei der Hütte und Helmut und ich machen noch eine letzte Fahrt. Dafür hat sich Helmut etwas besonderes ausgedacht. Er möchte oberhalb des ersten Felsens und des abgegangenen Schneebretts in den Steilhang einfahren. Wir haben den Hang durch die mehrmaligen Befahrungen genau kennengelernt, auch befinden sich oberhalb der Anrisskante keine großen Schneemengen mehr, das heißt, selbst wenn die oberste Schicht ins Rutschen geriete, wäre es nicht gefährlich und durch den Graben zwischen Hang und Lifttrasse könnte auch auf keinen Fall Schnee bis zur Schleppspur gelangen.
Ich bin auf dem „Normalweg“ hinuntergefahren und dokumentiere Helmuts Unternehmung photographisch.
Anfahrt zur Schlüsselstelle, zwischen den beiden Felsgruppen möchte Helmut durchfahren.
Nicht unerwartet reißt auch hier die oberste Schicht ab und kommt ins Rutschen.
Hier verläßt Helmut die Rutschzone nach rechts.
Doch nach der Linkskurve oberhalb der Abrisskante des alten Schneebretts gerät er wieder in die Rutschung und wird deshalb aus dem Gleichgewicht gebracht.
Hier die Situation nach diesem Ereignis. Die diagonal verlaufende Linie etwa in Bildmitte zeigt die Abrisskante des schon abgegangenen größeren Schneebrettes, von oben kommt Helmuts Spur und eine kleine Menge an Schnee ist dadurch abgerutscht, allerdings nicht besonders viel, da sich die Spur weiter darstellt.
Man kann jetzt sicher darüber diskutieren, wie vernünftig oder unvernünftig es war, diese Aktion zu starten, jedoch möchte ich auf folgende Aspekte hinweisen:
Wir haben den Hang vorher mehrmals befahren und genau geprüft.
Wir waren mit allen notwendigen Features ausgestattet.
Wir waren uns sicher, dass die zu erwartende Schneemenge im Falle eines Rutsches nur gering ausfallen würde.
Ebenso war klar, dass der Schneerutsch niemals auf Piste oder Lifttrasse gelangen hätte können.
Bevor Helmut in den Hang einfuhr, bezog ich an sicherer Stelle gegenüber Position und konnte damit ausschließen, dass sich irgendjemand in der Gefahrenzone befand.
Naja, auf alles haben wir geachtet, allerdings nicht auf die Tatsache, dass sich in italienischen Schigebieten gerne Alpingendarmen herumtreiben, und zwei von dieser Sorte marschierten zielstrebig auf uns zu, als wir den Gegenhang hinauf zur Hütte stapften, um von dort die Talabfahrt anzutreten.
In einer Mischung aus Italienisch und Englisch wollen sie uns erklären, wir hätten jetzt eine Lawinen ausgelöst, deshalb würden jetzt die Carabinieri vom Ort heraufkommen und dann amtshandeln. Wir müssten jetzt warten und unsere Ausweise abgeben. Unsere Erklärungen, dass das eigentliche Schneebrett ja schon lange vorher abgegangen ist und das ja nur ein kleiner Rutsch gewesen sei, sind ihnen offenbar ziemlich egal.
Auch Sabine ist – gelinde gesagt – etwas verärgert, einerseits wegen der Aktion an sich, andererseits wegen der Tatsache, dass wir jetzt alle in der Kälte – die Sonne ist mittlerweile hinter dem Bergkamm verschwunden – warten muss, zumal sie – obwohl eigentlich völlig unbeteiligt – gleich „mitverhaftet“ wurde.
Während der Wartezeit beobachten wir, wie die Freerider-Gruppe mit den extrem breiten Schiern, die uns schon am Vormittag überholt hat, jenseits der Felsen in Höllentempo in den Steilhang einfährt und dann weiter hinunter ins Val Presena, aber das ist den beiden Alpingendarmen egal.
Weitere Diskussionen sind offenbar zwecklos, also fügen wir uns in unser Schicksal und warten, ich nutze lediglich die Gelegenheit zu einer letzten Ablichtung der im Abendlicht höchst fotogenen tief unter Schneemassen versteckten Bergstation der stillgelegten Doppelsesselbahn.
Die Zeit vergeht, wir frieren und erst nach einer knappen Stunde sind zwei Carabinieri vor Ort, einer davon rückt mit seinem Handy (!!) aus, um Beweisphotos zu machen, der andere fährt mit uns die flache Abfahrt zurück zum Passo Paradiso, dann müssen wir alle mit der Seilbahn hinunterfahren. Wir versuchen wieder eine Erklärung der Sachlage abzugeben, dieser Gendarm macht eigentlich einen recht freundlichen Eindruck, aber er verschiebt die Diskussionen auf später im Tal.
Sabine und ich erhalten die Erlaubnis, mit dem Auto hinüber in den Ort zur „Polizeistation“ zu fahren, Helmut als „Hauptangeklagter“ muss mit dem Carabinieri per Schi hinüberfahren.
Wir haben trotz (oder wegen) der etwas diffusen Erklärung bezüglich der Lokalisation Probleme, den Gendarmerieposten überhaupt zu finden, aber schließlich finden wir uns in einem Büro gegenüber den beiden Carabinieri sitzend und erhalten eine Standpauke. Einer der beiden zitiert aus einem dicken, wichtig aussehenden Buch und wir erfahren, dass das Auslösen einer Lawine in Italien eine schwere Straftat sei. Wieder erklären wir unseren Standpunkt, dann entwickelt sich noch eine Diskussion zwischen den beiden Polizisten, wobei derjenige, der mit uns abgefahren ist, eindeutlich freundlicher gestimmt scheint, während der andere, der mit seinem Handy die Beweisbilder gemacht hat, eher grimmig aussieht. Jedenfalls stellen wir uns auf eine saftige Geldstrafe ein. Umso überraschter sind wir, als wir nach etwa einer halben Stunde mit der Aufforderung, anstelle einer Strafzahlung hinüber in die Bar zu gehen und etwas zu trinken, „entlassen“ werden.
Noch etwas aufgekratzt von den wirklich nicht ganz unspannenden Ereignissen der letzten Stunden befolgen wir diesen Rat und lassen den Tag bei einem Glas Campari Orange ausklingen.