04.03.2023 - Aeri del Port - Gente di Mare auf dem Weg zu den 2 TürmenWer mich kennt (und wer dieses Forum kennt) wird natürlich wissen was einer der beiden Hauptgründe war Barcelona als Ziel zu erwählen. Es gab aber noch einen zweiten Grund ... wer ist wohl so blöd und geht zum Skifahren um dann am nächsten Tag "Strand-Selfies" nach Hause zu versenden ... Na klar ... WIR!
Spass beiseite ... natürlich ging es dann zur Aeri del Port, einem der Wahrzeichen Barcelonas. Die Karten (20€ hin- und retour die sich absolut lohnen sollten) haben wir am Vorabend online gekauft - Hier muss man einen Zeitslot reservieren. Inwiefern dieser aber dann auch gültig ist, wissen wir nicht, denn es kam erstens anders und zweitens als man denkt.
^ Eigentlich erfolgt der Einstieg nämlich beim weithin zu sehenden "Torre Sant Sebastia" (im Hintergrund) der "Bergstation". Dieser ist genauso wie der "Torre Jaume I" - Die ehemalige Mittelstation weithin zu sehen ^
^ Wir wandern durch den Parco Miramar und kommen hier auf die Idee doch mal kurz zur "Talstation" Mirador zu gehen um gleich ein paar Fotos zu schiessen ^
^ Es geht unter der Trasse durch und passenderweise kommt eine Kabine geflogen ^
^ Leider gelingt mir hier das erhoffte Motiv der in den Bäumen verschwindenden Kabine mit Bergstation nur bedingt und dafür hatte ich extra gewartet
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^ Dann stehen wir auf der Station Miramar und blicken über die gesamte Trasse und den Hafen ^
^ Wir warten ein wenig und sehen uns das ganze genauer an - Es geht über den alten Hafen und das Fährterminal und am "World Trade Center" vorbei ^
^ Dann kommt endlich eine Kabine daher - Das wollten wir sehen ^
^ Wann hat man schon mal die Chance ein Bleichert-Laufwerk von oben zu sehen? ^
^ In diesem Moment fällt auch die Entscheidung den Plan etwas zu ändern ^
Wir fragen am Verkaufskiosk nach ob es mit den Onlinetickets möglich sei die Runde auch umzudrehen und von hier zum Strand zu starten um danach zurückzufahren, denn noch ist hier kaum etwas los. Nach einem kurzen Gespräch und dem Hinweis, dass wir ja Kollegen sind entscheidet sich der freundliche Verkäufer zu sagen, dass es zwar nicht üblich sei aber um die Zeit wohl ginge.
^ Also husch ab in die Kabine des Modells Pavillon (wie auch Predigtstuhl) ^
Bevor wir uns an die Fahrt machen ist dies nun der Zeitpunkt um etwas über die frühe Geschichte der Anlage zu erzählen - Um die einzelnen Texte kurz zu halten werde ich in diesem Bericht immer wieder etwas einstreuen, denn es gibt viel zu erzählen.
Eigentlich zur Weltausstellung 1929 geplant, verzögerte sich da man die Größe des Projektes unterschätzt hatte die Eröffnung bis 1931 womit die Anlage nach der Predigtstuhlbahn, der Zugspitzbahn (Tirol) und der Seilbahn am Montserrat einen typischen Vertreter der großen Seilbahnen die vom Seilbahnpionier Adolf Bleichert nach dem System Bleichert-Zuegg wurde.
Der wirtschaftliche Erfolg konnte sich aber nicht einstellen, denn der spanische Bürgerkrieg (1936-1939) brachte eine erste Wende in der nun 92-Jährigen Anlagengeschichte.
^ Zuerst geht es über bebautes Gebiet von wo aus man das Güterterminal begutachten kann ^
^ Und dann sind wir über dem alten Hafen ... was für ein erhebendes Gefühl in einer Kabine mit soviel Geschichte über das Meer zu fliegen ^
^ Und gleichzeitig einen weiten Blick über Barcelona zu haben - Eine Stadt übrigens die zwar von der Einwohnerzahl her nur marginal größer ist als meine Heimat München aber jährlich fast doppelt so viele Touristen beherbergt ^
^ Auf der Hälfte der Strecke erreichen wir den Torre Jaume I ^
Dieser Turm ist obwohl heute (eigentlich) nicht mehr genutzt ein wichtiger Bestandteil der Geschichte. Ursprünglich handelte es sich nämlich um eine 4-Wagen-Bahn mit Umstieg an dieser Stelle.
Der Turm der bis ins Jahr 1966 mit seinen 107m Höhe die höchste Seilbahnstütze der Welt darstellte (angeblich baute Waagner-Biro nur um diesen Titel zu bekommen die Stütze der GBKIII so hoch) war natürlich hervorragend als Maschinengewehrposten geeignet. Im Zuge der Kämpfe wurde dieser heftig beschossen und durch einen Seilriss stürzte eine der hier geparkten Kabinen ins Meer. Eine weitere wurde im Turm zerstört und so blieben 1939 von jenem großartigen Projekt nicht mehr als 2 Kabinen in der Station Miramar und die Reste der Türme übrig.
Eine der verbleibenden Kabinen wurde an den Montserrat gebracht, dessen Seilbahn ebenfalls durch Kämpfe schwer beschädigt wurde, während die Hafenseilbahn in einen Dornröschenschlaf fiel und schliesslich immer mehr verfiel. Es wurde sogar ein Abrissbeschluss gefasst.
^ Gottseidank konnte dieser wie bekannt abgewendet werden und so fahren wir vom Torre Jaume weiter Richtung Sant Sebastia ^
^ Etwas ironisch ist es dann schon zu sehen, wie ein Seenotrettungsschiff und die spanische Marine einträchtig nebeneinander hier im Hafen liegen ^
^ Wir lassen uns die Laune aber nicht verderben und fliegen immer weiter aufs Wasser hinaus und dem Strand zu ^
Dass wir heute wieder mit der Anlage fahren können ist in erster Linie einem deutschen zu verdanken. Denn der leitende Bleichert-Ingenieur Friedrich Gründel wollte sich nicht damit abfinden, dass sein Meisterwerk so schnell sterben sollte und gründete eine Aktiengesellschaft die es schliesslich schaffte 1963 die Seilbahn mit der wieder vom Montserrat zurückgeholten Kabine und nun als 2-Wagen-Bahn wieder in Betrieb zu nehmen. Nach seinem Tod jedoch ging es mit der Bahn erneut bergab und 1995 wurde wiederum beschlossen die Anlage stillzulegen.
^ Uns aber ficht dies nicht an und wir schweben weiter dem Torre Sant Sebastia zu ^
^ Die unten geparkten Luxusyachten dagegen interessieren uns eher weniger ^
^ Ist doch die für damalige Verhältnisse extrem kühne Trasse viel interessanter für 2 Seilbahnfreaks wie uns ^
^ Und dann sind wir an der 80m hohen Bergstation angekommen ^
Die Namen der Türme sind übrigens nicht zufällig gewählt. Jaume der I war Graf von Barcelona und König von Aragon während die Bergstation nach San Sebastian benannt ist, jener Stadt in der 1907 der transbordador funicular eröffnet wurde eine der ersten Anlagen die unseren heutigen Seilbahnen für den Personentransport ähnlich war.
2000 konnte dann nach der 2. Wiedereröffnung und Renovierung der endgültige Turnaround geschafft werden. Der nicht mehr gebrauchte Torre Jaume I wurde nichtmehr angefahren (bzw. nur noch in Ausnahmefällen wie wir auf der Rückfahrt erfahren konnten) und der wirtschaftliche Erfolg stellte sich ein. Heute stellt die Anlage eines der großen touristischen Highlights dar und in der Hochsaison sind wohl Wartezeiten von bis zu 5 Stunden keine Seltenheit.
^ Wir begutachten nochmals das Laufwerk diesmal von unten - Dieses ist natürlich immer wieder revidiert worden aber genau wie die Kabinen noch weitgehend Original ^
^ Genau wie die sonstige Stationstechnik die übrigens großteils warmgenietet ausgeführt ist ^
^ Die Kabine macht sich wieder auf ihre Reise zurück ^
Diese Reise wird übrigens auf einer Streckenlänge von 1303m mit 3m/s bewältigt. Es geht von San Sebastia zuerst 27m nach oben um dann wieder 51m nach unten zu gehen. Die 20-Plätzigen Kabinen können dabei 150p/h befördern. Der Antrieb wurde 2000 erneuert jedoch steht der Originalantrieb immernoch betriebsfähig zur Verfügung und wird auch manchmal eingesetzt.
^ Wir wenden uns hingegeben weg von der Seilbahn und schauen auf den Strand ^
^ Mit dem Aufzug geht es nach unten und ich blicke nochmal die beeindruckende Stahlkonstruktion hinauf ^
^ Und dann ist es soweit - Endlich Sand am Strand ^
^ Ich bin absolut kein Selfietyp (sieht man ja auch an der mangelnden Übung) - Aber dieses Motiv muss einfach sein ^
^ Los ist quasi garnichts obwohl es doch schon angenehm warm mit immerhin 19° ist ^
^ Und so gehen wir schnell wieder zurück zur Seilbahn - Unten erstmal leichte Verwirrung, denn wir haben ja bereits Karten und reihen uns nicht in die Verkaufsschlange ein - Es gibt eine eigene mit Ticketkontrolle die hinter den Kassen rauskommt ... Der Kontrolleur ist aber erstmal etwas neben der Spur wegen unserer Routenänderung. Nach Rücksprache mit seinem Kollegen wird uns aber geöffnet und so sind es nur rund 20 Minuten bevor wir wieder im Aufzug sind und oben weitere 10 Minuten ^
^ Dass man oben etwas warten muss ist villeicht garnicht so schlecht. So schauen wir uns nochmal die Technik an - Die Scheiben sind aus diversesten Generationen. Die stehenden (gefrästen) sind neuer und wohl von VonRoll o.ä. gefertigt, während die warmgenieteten noch aus der Originalausstattung stammen ^
^ Und schon geht es wieder los - Obwohl wir zu den letzten gehören die einsteigen bekommen wir einen Fensterplatz - Sind die Leute alle so höhenschüchtig? ^
^ Uns ist es aber egal vor allem da wir diesmal in die andere Richtung schauen ^
^ Und damit nun den ersehnten Weitblick bis ganz raus aufs Meer haben ^
^ Am Torre Jaume I wird diesmal gehalten und jemand steigt zu ... Wohl eine Dame der Instandhaltung mit ihrem Sohn so wie ich das verstehe ^
^ Und dann geht es ratzfatz zurück - Was für eine tolle Fahrt ^
^ Als letztes ein Bild des berümt berüchtigten Kreisels am Placa de les Drasannes der unter anderem einem hier wohlgelittenen leider nicht mehr so aktiven Forenuser schon die Nerven gekostet hat - Kreisel in Barcelona sind übrigens Autofahren für fortgeschrittene ... Bis zu 6 Spuren haben wir gesehen ^
Und damit verabschieden wir uns dann auch schon wieder von der Aeri del Port und gehen zurück zur Teleferic de Montjuic die ich euch schon vorgestellt habe.