Da zwacken sich ja mal wieder viele interessante Themen ab, bei diesem interessanten ATV Bericht!
Die Banalisierung von Liftanlagen und zugehörigen Skipisten in Italien war leider sehr konsequent, und macht die Gebiete sowas von Austauschbar, wie ja MM auch schreibt.
Dabei waren Italiens Skigebiete bis etwa in die 1980er hinein unglaublich abwechslungsreich. Das italienische Talent zu (oft ungewollter) Ästhetik, Improvisation und Leichtigkeit führten zu dem gesuchten Gesamterlebnis. Eben das was man weiter umfassend als "Bella Italia" bezeichnen konnte.
Also eine Schönheit im lebendigen, die so in den Nordalpengebieten nicht zu finden war. Dieses Einzigartige welches wir heute aus alten Postkartenfotos im wahrsten Sinne des Wortes "heraus-lesen" wollen, (oder die Älteren wie ich mittlerweile nur noch aus Erinnerung abrufen können). Oder eben in der Natur noch zu erleben an LSAP Trassen mit "Imaginärfunktion".
Wobei diese markante Banaliserung in Italien ja leider nicht nur auf Skigebietsinfrastruktur beschränkt bliebt, sondern auf nahezu jegliche Infrastruktur. So werden in IT auch untergeordnete Bergstrassen von unten bis oben durch ein Korsett an durchgehenden Leitplanken verunstaltet, manchmal in Doppelt- oder gar Dreifachausführung.
https://photos.app.goo.gl/LdsccmvFh33KbxLJ3Während man im Gegensatz dazu bspw. über einen Furka Pass offen an Hängen entlang fährt, periodisch gesäumt durch historische (und auch renovierte) Ranbegrenzer aus Granit mit kleinem Reflektorauge drinnen. Oder alternativ die schlau zwischen Pfählen aus Stahl- oder Stein gekeilten Holzbalken:
https://photos.app.goo.gl/TcSI0Knld4VbX8Vg2Wartet man in Italien an einem Bahnhof auf den Zug, so dröhnt alle Minuten Botschaften durch den Lautsprecher, dass er verboten sei die gelbe Linie zu überschreiten. Abwechselnd mit dem deutlichen Hinweis, dass es verboten sei die Türen im Zug zu öffnen, bevor dieser nicht vollständig still stehe (als ob das manuell überhaupt noch möglich wäre...). In grösseren Bahnhöfen kommt dazu die sonore Werbeschleife der allgegenwärtigen Reklamedisplays dazu. Dem es kein entrinnen gibt.
Das nervt ungemein, die täglichen Pendler können einem leid tun. Auf dem besten Weg zur Dystopie der perfekten passiven Lemminggesellschaft.
Fährt man in Mailand der (recht neuen) automatische Metro Linie 4, so ertönt dort tatsächlich vor jedem Anhalten des Zuges die Nachricht, ...dass dieser anhält. Steht der Zug dann, ertönt die Ansage, dass sich jetzt die Türen Öffnen. Nabumm. Vor dem Schliessen dann ein "Attenzione alla chiusura delle porte". Ein durchgängiges generve, alle paar Sekunden eine Stimme Achtung das, Achtung jenes, alternierend mit Warngepiepe. Mich würde sowas auf die Dauer in den Wahnsinn treiben.
Alte Züge der Metro hingegen wurden ehemals (bis 1990er) weder durch Ansagen noch durch rumgepiepe durchschallt.
Lustig auch deshalb, weil Italien bis vor wenigen Jahren in Zentraleuropa genau jenes Land war, in dem Agilität und Kreativität im täglichen Leben nicht nur pittoresk zu beobachten waren (romantisierende Perspektive), sondern tatsächlich auch zu er-leben waren. Italien und seine Menschen zeichnete das aus, es führte ja auch in Nischen zu bemerkenswerten Erfolgen in den Boomjahren der 1960er.
Und heute könnens fast nicht mehr Schlepplift fahren!! WTF?
Stupidisierung der kognitiven und motorischen Fähigkeiten stehen ja im Wechselspiel mit dem fordernden oder eben nicht fordernden Umfeld: Wird eine Fähigkeit nicht mehr benötigt, so geht sie verloren. Und damit auch die Attitude, die Einstellung zu den Dingen die uns umgeben. Was ja erst das schlimme ist, denn damit lässt sich das Ganze vorzüglich in gesetzliche Rahmenwerke giessen (zur Freude von neuen Akteuren der Wirtschaft).
Letzteres zeigt sich zB. gut bei Reaktionen von Italienern im naiven Facebook, wenn sie dort mit einem aktuellen Foto einer typischen Schweizer Konkordatsbahn konfrontiert werden, vielleicht sogar eine mit offenen Kabinen! Da kommt dann schnell ein "molto pericoloso", non si puo, und das gehe garnicht...
(Oder ein betretenes Schweigen, da sie ja doch anerkennen müssen dass die Schweiz insgesamt doch besser funktioniert als Italien mit dem mittlerweile überbordenden dummen Bling-Bling.)
Somit erlebt man heute oft das Gegenteil von Anno Dazumal: Überbordende Überwachung, drakonische Strafen für allzu oft stupide "Sicherheit" findet sich nicht etwas in Schweiz oder Deutschland, sondern in Bella Italia.
Welch ein Paradoxon, vor 25 noch völlig undenkbar. Man denke zb. auch an das oft den ganzen Winter geltende Verbot des "Fuoripista", des Variantenskifahrens im Gelände. Welches durch Skidoo-Carabinieri je nach Laune auch tatsächlich durch absurd hohe Strafen vollzogen wird.
^^^Schreibt eigentlich ein großer Freund des Südländischen. Ach, ich glaube das schrieb ich alles schon mal? Egal
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